Es fiel in den vergangenen Jahren nicht leicht, im alpinen Ski-Weltcup der Frauen aus dem Schatten der beiden Technik-Superstars Mikaela Shiffrin und Petra Vlhova zu treten.
Im Slalom von Killington bot sich aufgrund des Nichtantretens der US-Amerikanerin wieder einmal die Chance. Etwas überraschend nutzte diese nicht eine der arrivierten Athletinnen, sondern die junge Schweizerin Camille Rast zu ihrem Premierensieg im Weltcup.
Die 25-Jährige setzte sich am Sonntag vor den ex aequo Zweitplatzierten Anna Swenn-Larsson aus Schweden und ihrer Landsfrau Wendy Holdener (+0,57 Sek.) durch und schnappte sich somit die Führung in der Slalomwertung und auch im Gesamtklassement. Praktisch aus dem Nichts ist Rast in die absolute Weltspitze vorgestoßen.
Das Geheimrezept? "Weniger Mountainbike-Rennen"
Seit Saisonbeginn agiert die Schweizerin in Topform, ließ nach Rang zwölf zum Auftakt in Sölden einen fünften Platz in Levi sowie zwei dritte Plätze in Gurgl und im Riesentorlauf von Killington folgen.
Dass sie kurz darauf bereits ganz oben am Podest stehen würde, hätte sich Rast selbst nicht so ausgemalt: "Es ist unglaublich. Ich hätte mir nie gedacht, dass es so schnell geht", jubelt sie im "ORF"-Interview nach dem Rennen.
Rasts plötzlicher Entwicklungssprung kommt überraschend, aber keineswegs komplett aus dem Nichts. Seit vielen Jahren gilt die Technik-Spezialistin als großes Talent, gewann schon 2017 WM-Gold im Slalom der Juniorenklasse und zwei Jahre später noch Silber im Riesentorlauf. Einige Verletzungen sowie die Erkrankung an Pfeifferschem Drüsenfieber warfen die Schweizerin jedoch zurück und verzögerten so ihren Durchbruch im Weltcup.
"Alles, was ich in diesem Sommer gemacht habe, zeigt sich jetzt. Wir haben alle zusammen einen super Job gemacht", erklärt Rast, warum der Knoten nun endlich geplatzt ist. Eine spezielle Änderung hat sie aber vorgenommen:
"Ich bin weniger Mountainbike-Rennen gefahren als sonst. Dadurch habe ich den Fokus mehr auf die körperliche Vorbereitung gelegt", fügt sie schmunzelnd an. Nun wolle Rast weiter an den Kleinigkeiten arbeiten, die sie noch verbessern kann.
Die Schweiz auf dem Weg zur neuen Slalom-Großmacht
Rast führte am Sonntag eine starke Schweizer Mannschaft an, die mit der Zweitplatzierten Holdener und Melanie Meillard (5.) gleich drei Athletinnen in die Top-Fünf brachte. Vor allem Holdener scheint nach ihrer schweren Sprunggelenksverletzung aus der Vorsaison wieder an alte Erfolge anknüpfen zu können:
"Dass sich das Blatt so schnell wenden kann, darüber bin ich sehr happy", strahlt die 31-Jährige im Ziel. Mit der jungen Aline Höpli, die sich trotz Startnummer 55 souverän für die Entscheidung qualifizierte, steht eine weitere Schweizerin vor dem Durchbruch. Einzig bei Michelle Gisin läuft heuer noch nicht viel rund.
Der Triumph in Killington ist zudem der erste Schweizer Doppelsieg in einem Weltcup-Slalom seit 1996. Auf den nächsten wird man angesichts der aktuellen Form vermutlich nicht so lange warten müssen.