Bernadette Schild spricht nach ihrem zweiten Platz beim Nacht-Slalom in Flachau vom "schönsten Tag meiner Ski-Karriere".
Die Form bei der jüngeren Schwester der "Slalomkönigin" Marlies Raich geht vor Olympia weiter klar nach oben. Zwar sind es noch fünf Wochen bis zu "ihrem" Olympia-Rennen, aber Schild scheint mit 28 Jahren endlich in der Slalom-Weltklasse angekommen zu sein. Laufbestzeiten in Kranjska Gora und Flachau belegen das.
Aber auch, dass Schild schon seit längerem die Leaderin einer jungen Slalomtruppe ist, die derzeit hinter ihr entsteht. Vor allem die "drei jungen Katharinas" Truppe (21), Liensberger (20) und Gallhuber (20) werden immer besser und könnten zusammen mit Schild auch das Olympia-Quartett im Slalom bilden.
"Habe das Vertrauen in einige Leute verloren"
Für Schild ist es keine Selbstverständlichkeit, an der Spitze dieses Teams zu stehen. Zweite war sie bei ihrem ersten Podestplatz im März 2013 in Lenzerheide, legte im Dezember darauf mit Platz drei in Courchevel nach. Jenem Rennen, in dem sie erstmals geführt und das dann Schwester Marlies gewonnen hatte.
Doch dann kam sie fast zwei Jahre lang fast nicht mehr vom Fleck, wurde 2015 nicht einmal zur WM in die USA mitgenommen. Nunmehrige Genugtuung sei aber nicht das beherrschende Gefühl, betonte sie in Flachau.
"Wenn man damals an mein Können geglaubt hätte, wäre auch der Umgang mit mir sicherlich ein anderer gewesen. Ich habe damals wirklich das Vertrauen in einige Leute verloren. Zwei Jahre war ich fertig, hatte das Gefühl, nicht gut Skifahren zu können", erläuterte sie.
"Ich wollte schnell an die Spitze und das, was Marlies gelassen hat, übernehmen"
"Es war ein langer und harter Weg"
Von verlorenen Jahren wollte Schild dennoch nicht sprechen. "Ich habe dadurch extrem viel gelernt. Ich war davor ein sehr hastiger Mensch, wollte schnell an die Spitze und das, was Marlies gelassen hat, übernehmen", gestand sie nun erstmals. "Ich musste deshalb lernen, dass Dinge ab und zu halt länger brauchen und dass man hartnäckig bleiben muss."
Viel ist passiert seitdem. Schild hat geheiratet und ihr Studium beendet, ist nun Bachelor of Arts. Sie habe in der Zeit aber auch entdeckt, wie gerne sie eigentlich Ski fahre, obwohl sie immer wieder auch eine auf den Deckel bekommen habe.
Vor allem hat sie aber das Gefühl für "superschnelle Schwünge und Läufe" wiedergefunden. "Ich bin nun technisch wirklich gut und auch stabil und schnell auf den Beinen, analysierte sie sich selbst. "Es war aber ein langer und harter Weg und es hat sicher die letzten eineinhalb Jahre gedauert, hierherzukommen."
"War nicht bereit, Ausfall zu riskieren"
Nicht zuletzt wegen ihres Studiums hat Schild auch einen größeren Blick auf die Ski-Welt. "Es gibt so viel Anderes." Deshalb sei es ihr gelungen, vor vier Jahren das Olympia-Aus in Sotschi wegzustecken. "Weil wir eine Sportart betreiben, in der es Gott sei Dank eine ganze Tour gibt und immer ein Rennen danach kommt."
In Flachau versagte sie sich trotz Halbzeit-Führung selbst die volle Attacke, sicherte vor den Augen ihrer Schwester lieber Platz zwei ab und lieferte Mikaela Shiffrin den 41. Sieg quasi frei Haus.
"Es wirklich war speziell, einmal hinter Mika im zweiten Durchgang los zu fahren. Wenn du als Letzte dort oben stehst weißt du, wofür du das machst und wofür du manchmal auch weinst." Einen Ausfall hin zu nehmen, habe sie aber nicht gewollt. "Ich war nicht bereit, das zu riskieren."
Insgesamt hat Schild aber auch eine spezielle Leichtigkeit gefunden. "Ich habe in Kranjska Gora beschlossen, keine Pläne mehr zu machen, sondern einfach drauflos zu fahren", erklärte sie ihre nun so schnellen Läufe. "Skifahren ist ja doch in erster Linie Spaß."