Chaos bei der Weltcup-Abfahrt in Crans Montana.
Die Zeitnehmung fällt mehrmals aus, das Ergebnis steht erst Stunden nach Ende des Wettkampfs fest.
Nicole Schmidhofer darf sich nur kurz über einen dritten Rang freuen. Nach einer nachträglichen Auswertung werden einige Zeiten korrigiert. Unter anderem jene der Zweitplatzierten Joana Hählen und vor allem von Lara Gut-Behrami. Die Schweizerin wurde zunächst als Vierte gewertet, im nun offizielle Ergebnis liegt sie 7 Hundertstel vor Schmidhofer.
Nichts geändert hat sich am Sieg von Sofia Goggia. Die Italienerin feiert mit 0,36 Sekunden Vorsprung ihren ersten Saisonsieg.
Nachträgliche Handstoppung
Bei den betroffenen Läuferinnen muss auf die Handstoppung zurückgegriffen werden. Dazu muss ein Koeffizient errechnet werden, der von Läuferinnen genommen wird, die sowohl handgestoppt als auch elektronisch gemessen wurden.
Eine erste Errechnung ergab, dass Lara Gut-Behrami neue Dritte ist. Allerdings wies ÖSV-Damen-Rennsportleiter Jürgen Kriechbaum die Jury darauf hin, dass die Regel nicht richtig angewandt wurde. Es geht darum, von welchen Läuferinnen im Umfeld jener, bei denen die elektronischen Messung versagte, die Zeiten hergenommen werden. Letztlich änderte sich aber nichts am "neuen" Ergebnis.
Schmidhofer ist sauer: "Beschissen worden">>>
Unklarheiten über Reglement
Gleich zweimal musste die Jury rechnen, da es Unklarheiten mit der Regelauslegung bei Handstoppung gab.
Im Laufe des Nachmittags ergab das nach Errechnung eines Koeffizienten für drei der vier Schweizerinnen eine Verbesserung. Schmidhofer wurde von Gut-Behrami überholt und rutschte als nun Vierte noch vom Podest, baute die Führung im Abfahrtsweltcup aber aus.
Schmidhofer baut Weltcupführung dennoch aus
Für Goggia war es der insgesamt sechste Weltcupsieg ihrer Karriere, der erste seit elf Monaten und nach ihrer Fußverletzung im vergangenen Oktober. Schmidhofer hat im Disziplinweltcup 414 Zähler auf dem Konto, gefolgt von Ramona Siebenhofer (354), der Slowenin Ilka Stuhec (343) und Stephanie Venier (335).
Im Gesamtweltcup führt souverän die derzeit pausierende US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin mit 1.794 vor der Slowakin Petra Vlhova (1.075) und der Schweizerin Wendy Holdener (783) sowie Schmidhofer (667).
Ergebnis der Abfahrt in Crans Montana >>>
Stuhec nach Sturz mit Knieschmerzen
Das wegen der warmen Temperaturen und hoher Sonneneinstrahlung auf die Piste so früh angesetzte Rennen zog sich zäh wie ein Brei und dauerte 2:15 Stunden. Gleich nach Startnummer eins war das erste Mal unterbrochen worden.
Mitfavoritin Stuhec stürzte nach einem weiten Sprung und krachte voll auf den Rücken, fuhr selbstständig ins Ziel ab, wurde wegen Knieschmerzen aber zur Untersuchung ins Krankenhaus von Sion gebracht. Die Aare-Weltmeisterin war erst diesen Winter nach einem Kreuzbandriss zurückgekehrt.
Goggia erfüllt Favoritenrolle
Infolge gab es mehrere Start-Stopps, als auch Lokalmatadorin Gut-Behrami ohne Zeit ins Ziel kam, buhte das Publikum bereits. In der Zwischenzeit wurde die Piste gesalzen, um die Bedingungen halbwegs fair zu halten. Top-Favoritin Goggia ließ sich von den Unterbrechungen und ihrem viel späteren Rennstart nicht drausbringen und raste zum Sieg.
"Ich bin nicht so gut wie im ersten Training gefahren, bin nicht so gut aus dem Starthaus gekommen", gestand Goggia, die erleichtert war "wieder auf dem ersten Platz" zurück zu sein.
Schmidhofer nach Steigerung zufrieden
Auch die zweifache Saison-Abfahrtssiegerin Schmidhofer durfte letztlich zufrieden sein und freute sich nach der schiefgegangenen WM und "den zähen Trainings" über das Ergebnis. Sie habe einiges umgekrempelt.
Zur Situation im Disziplinweltcup meinte sie: "Dass Ilka nicht ins Ziel gekommen ist, hat mir etwas den Druck genommen, denn der Abfahrtsweltcup ist das Ziel. Ich muss weiter konzentriert arbeiten." Geholfen habe ihr, dass man trotz des WM-Abschneides von den Medien nicht zerrissen worden und auch der Zuspruch im privaten Umfeld groß gewesen sei.
Siebenhofer ratlos
"Nicht restlos zufrieden, aber okay", befand die sechstplatzierte Venier (0,68).
Ratlos zeigte sich indes Siebenhofer. "Man kann ja das Skifahren nicht in ein paar Tagen verlernt haben." Das in Aare beleidigte Band und der Knöchel bereiteten keine Probleme mehr und waren nicht Grund für Rang 23.
Auch Tamara Tippler gab sich selbst die Schuld. "Ich bin schlecht gefahren. Ich habe die Strecke viel zu viel zerlegt, mir zu viele Gedanken gemacht, normalerweise drücke ich es einfach runter. Heute habe ich es runtergeleert", sagte die 17. Mirjam Puchner wurde 18., Ricarda Haaser 21., Ariane Rädler 22. und Christina Ager 24. Michaela Heider landete als 36. außerhalb der Punkteränge, Elisabeth Reisinger und Nina Ortlieb schieden aus.
ÖSV-Damen im Kugelkampf
Im Abfahrts-Weltcup führen zwei Rennen vor Schluss zwei Österreicherinnen: Nicole Schmidhofer liegt mit 414 Punkten 60 Zähler vor ihrer Teamkollegin Ramona Siebenhofer. Auf Rang drei lauert mit 71 Punkten Rückstand Ilka Stuhec. Stephanie Venier hat mit 79 Punkten Rückstand auch noch Chancen auf Kristall.
Nach Crans Montana stehen noch die Abfahrten in Sotschi und Soldeu im Weltcup-Kalender>>>
Stimmen
Nicole Schmidhofer: "Dafür, dass ich gestern noch eineinhalb Sekunden hinten war, ist es super. Jetzt ist es nur noch eine halbe Sekunde. Das Ziel vor der Saison war, konstant in die Top 5 zu fahren. Wenn das heute nach den Trainings glückt, dann freue ich mich riesig. Mich hat es gestern richtig angezipft. Wenn du dir ein Video anschaust und du dich selber nicht erkennst, dann ist das einfach ärgerlich. Aber heute ist es viel besser gegangen. Mit der Handverletzung ist es gegangen - ich habe noch ein Schmerzmittel genommen. Vom Skifahrerischen her war das heute eine Mega-Steigerung gegenüber gestern. Das gestern war eine Katastrophe.Es spielt mir heute sicherlich in die Karten, dass so viele Unterbrechung sind und speziell im Flachen nicht mehr so viel weitergeht. Manchmal braucht man auch Glück. Ich habe am Start gehört, dass die Ilka nicht ins Ziel gekommen ist. Vielleicht hat mir das etwas geholfen und etwas die Nervosität genommen. So konnte ich wieder besseres Skifahren zeigen. Jetzt habe ich doch einen Vorsprung im Abfahrtsweltcup, aber so viel ist es auch nicht."
Sofia Goggia: "Ich bin aufgeregt und erfreut! Ich bin nicht so gut gefahren, wie im ersten Training. Da war ich noch besser. Ich bin vom Start nicht gut weggekommen. Die Unterbrechung war nicht optimal, ich war schon nervös. Da muss ich besser werden. Es ist schön, wieder auf dem ersten Platz zurückzusein."
Ramona Siebenhofer: "Es ist schon eine schwierige Situation, wenn man so lange wartet. Und dann ist immer die Zeitnehmung aus - interessanterweise immer bei den Schweizerinnen (grinst). Ich selbst bin ratlos, ich habe keine Erklärung. Ich fühle mich momentan nicht so wohl, ich hoffe auf morgen, dass es ein bisserl besser wird."
Tamara Tippler: "Vor dem 2. Abfahrtstraining nach dem Super-G bin ich umgeknöchelt. Es ist gezerrt, vielleicht eingerissen. Wir haben das nicht genau abgeklärt. Die Physio hat sehr gut gearbeitet. Im Skischuh geht es. Und es ist sicherlich nicht der Grund, warum ich momentan hinten bin."