Zum Sieg fehlen noch ein paar Stufen. Auch wenn sie laut eigener Aussage keine große Wanderin ist, für die paar fehlenden Schritte nach ganz oben ist Lindsey Vonn bereit.
"Alles ist noch nicht fertig mit 40. Du kannst mit sehr harter Arbeit alles schaffen, was du willst", sagte die Ski-Größe aus den USA. Am Samstag schaffte Vonn den starken sechsten Platz in der Abfahrt von St. Anton - ihre erste im Weltcup seit sechs Jahren. Rennergebnis >>>
"Das Leben ist schön, kurz, du musst das jeden Tag genießen", sagte Vonn, die sich unter blauem Himmel im Jubelmeer sonnen durfte. "Danke an das Publikum. Österreich liebt Skirennen, ich liebe Skirennen, wir haben viel gemeinsam. Ich habe immer die Energie gefühlt, wenn ich nach Österreich gekommen bin. Ich versuche eine gute Show zu machen, sie geben mir gute Energie. Es ist ein Win-Win."
"Es war überhaupt nicht am Limit"
Die 40-Jährige feierte vor Weihnachten in St. Moritz mit Knie-Teilprothese als Super-G-14. ein gelungenes Comeback. Ihre letzte Weltcup-Abfahrt fuhr die nunmehr Ex-Pensionistin vor dem Arlberg-Rennen am 19. Jänner 2019 in Cortina d'Ampezzo (9.), danach folgte noch die Bronzemedaille am 10. Februar bei der WM in Are. In St. Anton startete die Gewinnerin von 43 Rennen in dieser Disziplin in die zweite Abfahrtskarriere.
"Fast" wie in alten Zeiten sei es, ein bisschen älter sei sie geworden. "Es passt alles zusammen. Ich kenne die Strecke, ich weiß, welche Linie ich fahren muss. Ich habe sicher ein paar Fehler gemacht, aber es ist das erste Rennen seit sechs Jahren, da ist der sechste Platz nicht so schlecht."
"Es war überhaupt nicht am Limit, denn ich bin noch nicht in der besten Form."
Sie habe im Vorfeld gesagt, dass es hier runter große Eier brauche, ihre seien noch nicht ganz so groß gewesen. "Es war überhaupt nicht am Limit, denn ich bin noch nicht in der besten Form. Ich bin eine Linie gefahren, wo ich die wenigsten Fehler machen kann. Die Kurven vor dem Eisfall und die letzten drei Tore bin ich nicht sauber genug gefahren. Es war ein solider Lauf."
Obwohl es ein bisschen negative Kritik wegen ihres Comebacks gegeben hat, spüre sie auf den Straßen oder am Lift nichts als Unterstützung. "Ich hoffe, dass ich schauen kann, was noch möglich ist im Leben. Wieder am Start zu stehen, mit dieser Energie, mit den Schmetterlingen im Bauch, das macht mich alles happy."
In Gedanken war sie auch bei ihrer Schwester und Freunden, die von den verheerenden Bränden in Los Angeles betroffen waren oder bangten. "Viele haben alles verloren. Ich habe gesagt, ich fahre für sie."
Österreicherinnen verneigen sich vor Vonn
Stephanie Venier war als Fünfte und einzige Österreicherin schneller als Vonn. "Ich habe im Sommer gesagt, und das tut mir eh voll leid, wenn sie einmal schneller ist als ich, dann kann ich es eh lassen, die ist 40 Jahre! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, was sie leistet. Wenn ich nach dem gegangen wäre, hätte ich es eh schon in St. Moritz lassen können", meinte sie lachend. "Sie fährt gut Ski, man merkt ihr null an. She is back. Ich glaube, dass bald einmal das Podium klingeln wird."
Venier machte keinen Hehl daraus, ein Lindsey-Fan zu sein. Und als solche glaube sie auch, dass der Sieg möglich sein wird. "Sonst würde sie sich das Ganze nicht mehr antun. Sie hat es drauf. Sie weiß, dass sie es drauf hat, und sie zeigt es eh jedes Mal aufs Neue."
Es sei Lindsey Vonn, eine der erfolgreichsten Skiläuferinnen und sie polarisiere. "Das tut uns gut, das tut dem Skisport gut. Und ihr denke ich auch. Ich bin auch für Lindsey."
Die achtplatzierte Nina Ortlieb fand Vonns Leistung einfach "cool". Sie habe es ihr immer zugetraut. "Ich glaube, ich war eine der wenigen, die von Anfang an den Sinn dahinter gesehen hat. Weil ich weiß, wie es ist, mit Schmerzen zu fahren, und wie viel man dafür gibt, wenn man ohne Schmerzen nochmals Skifahren kann." Überrascht von Rang sechs der US-Amerikanerin war sie nicht. "Es hat jemand nicht ohne Grund 82 Mal gewonnen. Da kann man schon mehr als manch andere."
Auch Cornelia Hütter (7.) erklärte, dass sie Vonn vor dem Rennen sehr hoch eingeschätzt habe. "Den Außenski immer so unter sich zu haben, das ist eine Tugend, ein Talent und ein Gespür, das wird sie mit achtzig, glaube ich, auch noch haben. Das ist sehr beeindruckend."