Die Schweizer Ski-Mannschaft hat bei der ersten Saisonabfahrt in Beaver Creek einen Auftakt nach Maß gefeiert und einen Doppelsieg eingefahren.
Doch nicht etwa Aushängeschild Marco Odermatt schlug auf der eisigen "Birds of Prey" zu, sondern dessen guter Freund Justin Murisier. Der 32-Jährige überraschte mit Startnummer 3 und darf so seinen Premierensieg im Weltcup vor Odermatt (+0,20 Sek.) und dem Slowenen Miha Hrobat (+0,35 Sek.) bejubeln. Rennergebnis >>>
Der Triumph des ehemaligen Technik-Spezialisten kommt insofern überraschend, als dass er zuvor als Vierter in Bormio (2023) erst einmal in einer Abfahrt unter die Top fünf gefahren war. Bei Sonnenschein in Colorado aber erwischte er die Fahrt seines Lebens - und zeigte sich im Ziel sichtlich gerührt.
Murisier kämpfte sich immer wieder zurück
"Es ist unglaublich. Es hat sich gelohnt, solange zu warten und all die Schmerzen zu haben", schilderte Murisier im Interview mit dem "Schweizer Rundfunk". Immer wieder wurde Murisier in seiner Karriere durch Verletzungen zurückgeworfen, musste sich noch im Juni einer Knie-OP unterziehen.
"Rücken, Schulter, Knie fünfmal", erzählte Murisier anschließend im "ORF"-Interview, "die Leute werden denken, dass ich blöd bin, aber ich habe immer an mich geglaubt."
Auch im ersten Training in Beaver Creek gab es eine Schrecksekunde zu überstehen, als er sich die Schulter auskugelte. Zwei Tage später fuhr er nun zu seinem größten Sieg: "Es war schwer, aber ich bin mit Tape gefahren und mit dem ganzen Adrenalin spürt man nicht mehr viel", schmunzelte Murisier im Ziel.
Freund Odermatt den Tränen nahe
Noch emotionaler reagierte der an diesem Tag geschlagene Odermatt, der diese Niederlage jedoch mit großer Freude hinnehmen konnte: "Ich habe fast geweint. Justin hat so viel durchgemacht. Ich kenne seine Geschichte auswendig, er hat so viel gekämpft und war immer für mich da", erzählte der dreifache Gesamtweltcup-Sieger im "ORF".
Odermatt und Murisier sind eng befreundet und während der Saison oft miteinander unterwegs. Mit seiner eigenen Fahrt war er nicht ganz zufrieden, "aber als ich dann gesehen habe, auf wen ich die zwei Zehntel verloren habe, kam das Lachen schnell zurück", fügte er an.
Einzig der Sturz ihres Teamkollegen Arnaud Boisset, der mit dem Hinterkopf aufschlug und lange auf der Piste behandelt wurde, überschattete den Jubeltag. Der 26-Jährige war beim Abtransport bei Bewusstsein, wie Swiss-Ski mitteilte.
Ernüchterung und Freude im ÖSV
Für den ÖSV endete der erste Speed-Bewerb der Saison mit gemischten Gefühlen. Vincent Kriechmayr, der als Schnellster des Abschlusstrainings zu den Topfavoriten zählte, fehlten als Fünfter 65 Hundertstel auf Murisier und drei Zehntel aufs Podest. Zweitbester Österreicher wurde Stefan Babinsky auf dem bescheidenen 17. Rang.
Kriechmayr erkannte eine "Summe von Kleinigkeiten, die nicht optimal waren". "Oben war ich nicht mehr ganz so schnell. Der Steilhang ist mir nicht so sauber gelungen wie gestern. Unten war ich zu gerade, da musste ich ein bissl 'ummesurfen', sonst wäre ich zu weit nach links gesprungen", analysierte er im "ORF".
Das Ergebnis sei doch ein wenig enttäuschend. "Es ist mir nicht so aufgegangen. Da muss ich morgen einen drauflegen", blickte er bereits auf den Super-G am Samstag.
Auf der anderen Seite durfte Stefan Eichberger mit Platz 20 im zweiten Weltcup-Einsatz ein schönes Erfolgserlebnis bejubeln: "Beim ersten Mal Besichtigen dachte ich mir: War es schon eine gute Idee, dass ich Skifahrer geworden bin? Wenn du es dann im Renntempo fährst und es aufgeht, ist es natürlich noch geiler", freute sich der 24-Jährige.
Auch Daniel Hemetsberger (24.) und Raphael Haaser (25.) fuhren mit hohen Startnummern in die Top 30. Die Debütanten Manuel Traninger (42.) und Vincent Wieser (45.) verpassten hingegen wie auch Stefan Rieser (46.) Zählbares.