Lucas Pinheiro Braathen - diesen klingenden Namen sollten Sie sich merken.
Der 19-jährige Norweger sorgte am Sonntag beim Slalom in Kitzbühel für eine Sensation, als er im ersten Durchgang mit Startnummer 34 völlig unerwartet zur Führung fuhr.
Die Kameras des ORF waren zu diesem Zeitpunkt längst auf Moderator Rainer Pariasek und seine Interview-Gäste gerichtet, Braathens Fahrt musste nachgereicht werden.
Damit, dass er auf dem berühmten Ganslernhang, einer der anspruchsvollsten Slalom-Strecken im Weltcup, so aufzeigen kann, hat Braathen selbst nicht gerechnet.
"Fragt mich nicht, was da los war. Am meisten bin ich wohl selbst überrascht, dass ich in Führung liege", sagte der Norweger nach dem ersten Lauf.
Braathen über Kitz: "Ein Traum wird wahr"
Im Finale konnte Braathen seine Führung nicht verteidigen und fiel auf den vierten Platz, zeitgleich mit seinem Teamkollegen Henrik Kristoffersen, zurück. Nach der Zieldurchfahrt kannte der Jubel des 19-Jährigen dennoch keine Grenzen, war von Ärger keine Spur.
"Ich kann nicht glauben, dass ich gerade mit 19 Jahren die berühmten Hahnenkammrennen in Kitzbühel gefahren bin. Ein Traum wird wahr! Was für ein Ort, um mein erstes Weltcuprennen anzuführen und mein bestes Resultat einzufahren."
Der Brasilianer in Braathen
Wie der Name Lucas Pinheiro Braathen schon verrät, ist er der Sohn eines Norwegers und einer Brasilianerin. Geboren im Jahr 2000, feiert er am 14. April seinen 20. Geburtstag.
"Eigentlich hätte ich Fußballer werden sollen" verrät Braathen der "L'Equipe" in Kitzbühel. Irgendwie naheliegend, wenn die Mutter aus Brasilien, der Wiege des Fußballs, stammt.
Mit dem Skifahren hat Braathen im Alter zwischen drei und vier Jahren begonnen. Lange Zeit war es nur ein Hobby, vergleichsweise spät, mit neun Jahren, wurde die Rennfahrer-Karriere in Angriff genommen.
Braathens Zehn-Jahres-Plan
Als er zehn Jahre alt war, wurde ein Zehn-Jahres-Plan aufgestellt, erzählt Braathen gegenüber "Aftenposten". Dieser Plan läuft im April dieses Jahres aus und hat das Ziel, dass Braathen an der Weltspitze steht. "Ja, wir sind gut im Plan", lacht der Norweger in Kitzbühel.
Braathen besuchte das renommierte Ski-Gymnasium in Oslo. Als 16-Jähriger bestritt er 2016 sein erstes FIS-Rennen, aufgrund der guten Ergebnisse stieg er bereits ein Jahr später in den Europacup auf. Die rasante Entwicklung setzte sich fort: Am 8. Dezember 2018 feierte er im Riesentorlauf in Val d'Isere sein Weltcup-Debüt, bei dem er mit Startnummer 60 als 26. auf Anhieb in die Punkte fuhr. Wenige Tage später folgte sein erster Sieg im Europacup.
Bei der Junioren-Weltmeisterschaft 2019 in Fassatal holte Braathen die Silbermedaille im Super-G und Bronze in der Kombination. Mit insgesamt drei Siegen und drei weiteren Podestplätzen entschied er in der Saison 2018/19 die Riesenslalom-Wertung des Europacups für sich, im Weltcup lief es im vergangenen Winter mit vier Ausfällen in fünf Rennen noch bescheiden.
Braathen: "Kampf ums Podium noch nicht vorbei"
Braathens erste volle Weltcup-Saison begann dafür umso besser: Beim Saison-Auftakt in Sölden fuhr er im RTL mit Laufbestzeit im 2. Durchgang auf Anhieb zu Rang sechs. Es folgten mit den Rängen acht (RTL) und fünf (Parallel-RTL) in Alta Badia sowie Platz sechs im Zagreb-Slalom weitere Top-Ten-Platzierungen. Der vierte Rang in Kitzbühel ist sein bestes Weltcup-Ergebnis überhaupt.
Der erste Podestplatz ist wohl nur eine Frage der Zeit. "Die Jagd nach dem ersten Podium ist noch nicht vorbei", kündigt Braathen in Kitzbühel an.
Braathen als zukünftiger Gesamtweltcup-Sieger?
Der 19-Jährige gilt als eines der größten Talente in Norwegen und ist Hoffnungsträger für die Zukunft, auch in Sachen Gesamtweltcup-Sieg.
"Er hat einen fantastischen Zugang zum Sport. Er denkt nicht über das Ergebnis nach, sondern konzentriert sich nur auf das Skifahren", erklärt Norwegens Alpinchef Claus Ryste.
Cheftrainer Steve Skavik, der Braathen schon im Ski-Gymnasium in Oslo betreute, prophezeit: "Er hat die Möglichkeit, ein richtig guter Läufer zu werden."
Laut Skavik hätte der 19-Jährige das Zeug zu einem Allrounder, weil er "auch gut Speed fahren kann, aber ich glaube, er geht mehr in Richtung RTL und Slalom".
Dort haben einige seiner Konkurrenten den Braathen längst gerochen.
"Er zeigt schon die ganze Saison, dass er brutal stark fahren kann. Wenn man in Zagreb und Sölden Sechster wird, dann kann man schon Ski fahren. Die Coolness hat er, glaube ich, auch", sagt etwa Marco Schwarz. "Man muss ihn in Zukunft sicher auf der Rechnung haben."
Also merken Sie sich den Namen Lucas Pinheiro Braathen.