Die Ski-WM 2017 ist Geschichte.
In den letzten zwei Wochen fielen in St. Moritz nicht weniger als elf Medaillen-Entscheidungen. Nun ist es Zeit, Bilanz zu ziehen.
LAOLA1 war bei der 44. Auflage des Großevents dabei und fasst nun zusammen, was dabei aufgefallen ist.
Die Erkenntnisse der Ski-WM:
Die ÖSV-Damen sind (wieder) top
„Von den Damen erwarten wir gar nichts“, sagte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel vor Beginn der WM. Seine Einschätzung war nicht respektlos gemeint sondern einfach ehrlich, immerhin konnten die rot-weiß-roten Frauen in den 26 Saisonrennen vor dem Großereignis nur vier Podestplätze einfahren. Doch gleich im ersten Bewerb schlugen die Ladies zu: Gold für Nicole Schmidhofer. Es ging ein Ruck durch die Mannschaft, schließlich folgten noch Bronze durch Michaela Kirchgasser in der Kombi und Silber durch Stephanie Venier in der Abfahrt. Die ÖSV-Damen haben die Erwartungen um Längen übertroffen.
An der Exoten-Regelung muss sich etwas ändern
Sie gehören zur WM wie Medaillen – die Exoten. Doch irgendetwas sollte sich in naher Zukunft ändern, womöglich strengere Regeln für ein Antreten. Ja, die LäuferInnen wissen, welches Risiko sie eingehen, wenn sie am Start stehen. Einige setzen das „Dabei sein“ aber über die eigene Gesundheit. Genau dann wird es gefährlich. Die WM soll (positive) Werbung für den Skisport sein, bereits zu Beginn des Großevents gab es in dieser Hinsicht aber schreckliche Schlagzeilen: Beim Super-G kamen mehrere Athleten mit hoher Nummer zu Sturz, der Monegasse Jenot Olivier erlitt innere Blutungen. Der Kasache Martin Khuber (Sturz Abfahrtstraining) entkam dem Rollstuhl mit Halswirbelbrüchen nur um Millimeter. FIS-Speed-Renndirektor Hannes Trinkl gab zu, dass er in den Speed-Events Tote befürchtete. So weit darf es keinesfalls kommen. Die Exoten gehören zur WM, keiner will sie verbannen. Im Slalom und Riesentorlauf ist das Tempo nicht so hoch, in diesen Bewerben verletzt man sich bei einem Crash im Normalfall nicht lebensgefährlich. In den Speed-Events müssen die Auflagen aber einfach strenger werden – zum Schutz der Exoten.
Die Schweiz ist wieder im Geschäft
Unsere Nachbarn sind wieder eine Ski-Großmacht! Bei den letzten drei Weltmeisterschaften holten die Schweizer fünf Medaillen – nicht pro WM sondern zusammengerechnet. In St. Moritz blühten die Eidgenossen aber auf und konnten die Erwartungen mit sieben Mal Edelmetall (3 Mal Gold) übertreffen. Nur weil Marcel Hirscher im abschließenden Slalom Gold für Österreich holte, ging der Medaillenspiegel knapp vor den Schweizern an rot-weiß-rot. Dabei nutzten die Schweizer auch den Heimvorteil perfekt, das Sonder-Training auf den WM-Strecken Wochen vor dem Event machte sich scheinbar bezahlt.
Österreich weiß, wie man Party macht
Die Stimmung im Zielraum von St. Moritz war an allen Wettkampftagen top. Die FahrerInnen zeigten sich begeistert über die fairen Schweizer, denn das Publikum feuerte alle LäuferInnen gleich an. Klar, bei einer Schweizer Bestzeit wurde es noch lauter, aber selbst wenn jemand eine Schweizer Führung beendete, wurde geklatscht und gejubelt. Das gibt es nicht überall. In der Stadt selbst ging es im Anschluss aber ruhiger zu. Wieder einmal wurde klar: Party machen können die ÖsterreicherInnen am besten. In Sölden, Kitzbühel, Schladming und bei allen anderen heimischen Rennen geht es am Abend auf den Straßen und in den Bars und Clubs nämlich weit mehr ab als in St. Moritz.
Schwere Verletzungen sind weiter problematisch
Zahlreiche Stars konnten aufgrund von Verletzungen gar nicht nach St. Moritz kommen, bei der WM kamen dann leider nochmals mehrere Schwerverletzte dazu. Olivier Jenot, Mirjam Puchner oder Lara Gut hat es beispielsweise schlimm erwischt. „Ich weiß nicht, was man dagegen tun kann – aber wir sollten etwas unternehmen“, forderte etwa Lindsey Vonn. Genau das ist das große Problem: Niemand streitet ab, dass etwas gegen die zahlreichen, schweren Verletzungen unternommen werden sollte – aber was genau? Das ist und bleibt die große Frage.
Auch in St. Moritz scheint nicht immer die Sonne
Mit 322 Sonnentagen pro Jahr wirbt die Region St. Moritz. Bleibt die Frage, warum die WM genau an den restlichen 43 Nicht-Sonnentagen ausgetragen wird. Spaß beiseite, so schlimm war es dann doch nicht - immer spielte das Wetter aber nicht mit. In der ersten Woche konnte man die Sonnenbrille im Hotelzimmer lassen. Zuerst Schnee, dann Wind und schließlich Nebel – Verschiebungen waren die Folge. Immerhin erlangte die Maloja-Schlange dadurch Berühmtheit. Es wäre aber allen lieber gewesen, das „Reptil“ wäre in irgendeinem Versteck geblieben.
Tausende Menschen hatten sehr viel Glück
Die WM schrieb auch abseits des Sports weltweite Schlagzeilen, als ein Flugzeug der Schweizer Luftwaffe eine Seilbahn-Kamera zum Absturz brachte. Nein, der Ausdruck „Beinahe-Katastrophe“ ist keine Übertreibung. Eigentlich gleicht es einem Wunder, dass dabei niemand zu Schaden gekommen ist. Es war so: Der Düsenjet durchtrennte eines der drei Seile, auf dem die Kamera befestigt war – die Kamera stürzte genau in den leeren Zielraum, wo die LäuferInnen abschwingen. Wäre dort jemand gestanden – nicht auszudenken. Wäre die Kamera gerade an einer anderen Position gewesen, hätte sie beim Absturz ebenso jemanden treffen können. Punkt zwei: Das durchtrennte Seil. Dieses klatschte nach dem Crash mit dem Flugzeug auf das Seil des Sessellifts. Der Lift stoppte, eine Verzögerung war die Folge. Wer weiß, was passiert wäre, wenn das Seil eine Gondel getroffen hätte oder das Seil der Seibahn aus der Verankerung gebracht hätte. Und auch die ganz große Tragödie stand knapp bevor. Hätte der Jet nicht nur ein Seil durchtrennt sondern sich in den drei nahe beisammen liegenden Seilen verfangen, hätte es zum Absturz kommen können. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre die Maschine dann in die Tribünen, auf der sich tausende Menschen befanden, gekracht. Die Erkenntnis? Flug-Shows bei Sport-Ereignissen braucht es nicht. Und schon gar nicht direkt über Menschen-Massen.
Marcel Hirscher ist der König der Ski-Welt
Okay, gänzlich neu mag diese Erkenntnis nicht sein. Der Salzburger hat bei der WM aber wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt, warum er einer der größten Skifahrer aller Zeiten ist. Zu Beginn noch erkrankt, dann gleich Silber in der Kombi – und die Goldmedaille nur um eine einzige Hundertstel verpasst. Es folgt das vieldiskutierte, frühe Aus im Teambewerb. Einige Medien übten herbe Kritik, Hirscher ließ seinem Frust freien Lauf und holte zum verbalen Gegenschlag aus. Wie es wahre Sport-Größen machen, ließ er Worten Taten folgen und wurde er mit der Wut im Bauch nur noch gefährlicher. Im Riesentorlauf und im Slalom war der 27-Jährige nicht zu biegen und krönte sich selbst zum „König von St. Moritz“. Insgesamt fehlt ihm mit sechs Mal Gold und drei Mal Silber nur noch eine einzige Goldmedaille auf Platz eins im ewigen WM-Medaillenspiegel, den belegt Toni Sailer mit sieben Mal Gold und ein Mal Silber. Und auch wenn er selbst betonte, dass es seine letzte WM sein könnte - diese Chance wäre doch ein Ansporn für die WM 2019 in Are.