"Es duftet schon nach Winter", sagte Sara Marita Kramer mit einem Lächeln im Gesicht.
Ab Freitag (16:15 Uhr) geht es für die Skisprung-Stars endlich wieder hoch hinaus, die Weltcup-Saison startet mit einem Mixed-Team-Bewerb in Lillehammer. Am Samstag und Sonntag bestreiten Frauen und Männer jeweils zwei Einzel-Springen.
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Vergangene Woche hielten beide Geschlechter gemeinsam einen finalen Trainingskurs auf der Bergiselschanze in Innsbruck ab, danach ging es nochmal für ein paar Tage nach Hause. Am Dienstag übersiedelte der Tross geschlossen nach Norwegen.
"Es ist Vorfreude da, wieder das Wettkampfgefühl zu spüren. Das ist schon nochmal cooler, dann kommt auch wieder dieser Extra-Kitzel", meinte Kramer.
Mit dem Lysgardsbakken verbindet die gebürtige Niederländerin schöne Momente, feierte dort im Dezember 2021 ihren insgesamt zehnten Weltcup-Erfolg. Vier Monate später sollte ebenfalls in Lillehammer Sieg Nummer 15 folgen - seitdem wartet die 23-Jährige auf einen Triumph.
Gesamtweltcup-Sieg als (zu große) Bürde
Das war zum damaligen Zeitpunkt so nicht absehbar.
Kramer hielt am Ende der Saison 2021/22 die große Kristallkugel für den Sieg im Gesamtweltcup in ihren Händen. Viele Experten prognostizierten, dass dies erst der Anfang sei, die Salzburgerin das Frauen-Skispringen in den kommenden Jahren dominieren werde.
Zweieinhalb Jahre oder fast 1.000 Tage später lässt sich sagen: Das ist (noch) nicht eingetreten, stattdessen musste die ÖSV-Adlerin während dieser Zeit viele Hürden überwinden.
Die großen Erwartungen, die Kramer auch an sich selbst stellte, hemmten die damals 20-Jährige. Sie wollte allen beweisen, dass der Gesamtweltcup-Sieg kein Zufall war.
"Ich wollte im Sommer immer mehr und mehr und habe im Training ein bisschen übertrieben. Es musste weh tun und brennen, das war die Hauptsache. In dem Moment habe ich geglaubt, es ist das Richtige", erklärte Kramer im November 2023 im LAOLA1-Interview.
"Wenn du einmal in diesem Radl gefangen bist..."
Doch der übertriebene Ehrgeiz machte die Überfliegerin müde und stürzte sie schlussendlich in ein tiefes Loch. Kramer verlor die Freude am Skispringen, das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht.
Kramer sagte im vergangenen Februar dem "Kurier": "Ich habe gerade in der letzten Saison (2022/23, Anm.) sehr viel nachgedacht und überlegt. Das hat mich gefressen. Wenn du einmal in diesem Radl gefangen bist, dann kommst du schwer wieder raus."
Am Ende stand der 15. Gesamtrang in der Bilanz - natürlich viel zu wenig für die eigenen Ansprüche.
Sie sei sich oft selbst im Weg gestanden, weil auch nach guten Sprüngen kein Gefühl der Zufriedenheit vorhanden war. "Es ist extrem schwierig, wenn man weiß, wie sich das Skispringen anfühlen kann, wenn es funktioniert", so Kramer.
Spaß und Lockerheit im Vordergrund, nicht die Ergebnisse
Mittlerweile definiert sich die ÖSV-Springerin aus Maria Alm nicht mehr nur über Ergebnisse.
Deshalb war es auch nicht tragisch, dass nach der letzten Saison neuerlich nur ein 15. Platz in der Gesamtwertung stand. Ihr war wichtig, den Spaß und die Lockerheit wiederzufinden. Das war ihr gelungen.
Den abgelaufenen Sommer nutzte sie, um sich karitativ zu engagieren. Kramer sammelte Spenden für das "Leontienhuis", einer Einrichtung in den Niederlanden, die Betroffene von Essstörungen unterstützt. Dabei kam eine Summe von 1.000 Euro zusammen.
"Dort ist auch meiner Schwester geholfen worden", erzählte die 23-Jährige den "Salzburger Nachrichten". Ihre jüngere Schwester Femke Kramer, die als Biathletin ebenfalls am Sprung in den Leistungssport war, hatte selbst jahrelang mit Anorexie zu kämpfen.
Außerdem wurde sie von Freunden darum gebeten, bei deren Hochzeit zu fotografieren. "Es war echt cool. Aber den richtigen Moment zu knipsen, der für Menschen sehr wichtig in ihrem Leben ist - da war ich nervöser als vor einem Wettkampf."
Kramer guter Dinge, aber noch nicht in Hochform
In den kommenden Monaten steht Kramer selbst wieder im Fokus, das große Saisonhighlight wird die Weltmeisterschaft in Trondheim sein.
Mit den Titelkämpfen hat die Salzburgerin noch eine Rechnung offen. 2021 schrammte sie in Oberstdorf als Vierte auf der Normal- und Großschanze gleich zweimal an Edelmetall vorbei und erlebte dort die mitunter bittersten Momente ihrer noch jungen Karriere.
Vor den ersten Bewerben in Lillehammer sagte Kramer: "Ich habe ein gutes Gefühl." Der Trainingskurs in Innsbruck sei "sehr positiv" gewesen, "ich habe gute Schritte gemacht", betonte die 15-fache Weltcup-Siegerin.
In jedem Training hätte sie "etwas besser gemacht" und mehr Selbstvertrauen in ihre Sprünge reingebracht. "Kleine Fehler sind natürlich dabei, aber ich habe die Sprünge einfach durchgezogen", so Kramer.
Trotzdem bleibt die Erwartungshaltung gering, die 23-Jährige glaubte nicht, dass sie gleich vorne mitspringen werde. "Ich möchte dort einfach weiterarbeiten und die Schritte, die ich jetzt gemacht habe, fortsetzen."
Dann kommt die Rückkehr an die Weltspitze ganz von alleine.