Drei Top-Ten-Plätze, aktuell Rang 20 im Gesamt-Weltcup, aber auch einige Rückschläge: Gregor Schlierenzauer ist noch nicht dort, wo er wieder hinwill.
Doch die Richtung für den mittlerweile 30-jährigen Tiroler, der mit 53 Weltcup-Siegen immer noch Rekordsieger ist, stimmt. Auf dem Kulm kehrt er erstmals nach zwei Jahren auf eine Skiflug-Schanze zurück.
Und gerade das Skifliegen liebt Schlierenzauer. "Adrenalin spielt eine Riesenrolle. Das Gefühl, wenn man auf der Welle dahingleitet und ins Schweben kommt, ist unvergleichbar", beschrieb der Tiroler vor Beginn des Skiflug-Weltcups in der Steiermark die Faszination.
2009 hatte er auf diesem Schauplatz ein Double geholt, 2010 den dritten Sieg im steirischen Salzkammergut gefeiert. Doch seit diesen Tagen hat sich im sportlichen Leben Schlierenzauers viel geändert. Seit Jahren sucht er den Anschluss an die absolute Weltspitze. Seit vergangenen Sommer arbeitet er mit Berater Werner Schuster und die Fortschritte sind da, wenn auch noch nicht durchschlagend.
"Ich kann es nicht erzwingen"
"Ich würde sagen, ich bin in dem Pool drinnen, in dem noch nicht ganz dieser letzte Schritt passiert (ist). Aber man muss ganz ehrlich sagen, diese Stufe haben sehr wenige Skispringer zur Zeit", erklärte Schlierenzauer im Interview mit der APA.
Sich selbst sieht er in der gesamten Saison auf einem guten Weg. "Unterm Strich könnte man sagen, 15 Plätze besser als letztes Jahr. Das ist auf jeden Fall positiv. Ziel bleibt das gleiche, der Fokus nach vorne, aber ich kann es nicht erzwingen. Man muss das nötige Glück haben, um in den Flow zu kommen."
Doch Schlierenzauer bleibt geduldig, beharrlich arbeitet er weiter am Comeback in die absolute Spitze. Das soll auch 2021 noch weitergehen. "Nur dieses Jahr? Nein. Mir macht es Riesenspaß und ich habe das Gefühl, dass das jetzt alles erst anfängt und auch zu greifen anfängt."
In einer sensiblen Sportart wie Skispringen könne man nicht von heute auf morgen wieder ganz oben landen. "Da beutelt es einen immer wieder zurück." Dennoch würden ihm viele positive Erkenntnisse sehr viel Motivation und "in erster Linie sehr viel Freude" geben.
"Lassen wir die Kirche im Dorf"
Und dass er es noch draufhat, auch auf den größten Bakken der Welt, hat der einstige Skiflug-Weltmeister (2008) und dreifache Skiflug-Kristallkugel-Gewinner auch vor zwei Jahren in Planica bewiesen. Es war sein bisher weitester Flug, doch griff er in den Schnee. Es war die gleiche Weite wie jene von Skiflug-Weltrekordhalter Stefan Kraft - 253,5 m.
"An so was erinnert man sich sein Leben lang, aber es ist jetzt eine ganz andere Situation", erklärte Schlierenzauer, daran erinnert. "Ich bin jetzt fast zwei Jahre nicht mehr Ski geflogen, es hat sich viel getan. Damals waren die Ski sicher noch sieben bis acht Zentimeter länger. Ich bin noch nie mit so kurzen Ski geflogen", gab er zu bedenken.
Schlierenzauer ist der bisher letzte rot-weiß-rote Sieger auf dem Kulm, doch in diesen Sphären wagt er der derzeit (noch) nicht zu denken. "Lassen wir die Kirche im Dorf. Skifliegen ist die Königsdisziplin und hat mein Herz erobert, das ist klar. Ich habe nicht umsonst drei kleine Kugeln daheim. Aber es ist sicher nicht der Zeitpunkt, um zu sagen, ich will jetzt da aufs Podest und gewinnen." Das Ziel sei es nun, sich nach vorne zu festigen.
Schlierenzauers "story behind"
Inwiefern die Gruppendynamik im Team eine Rolle spielen kann, etwa im Vergleich zu den so erfolgreichen ÖSV-Skispringerinnen, sieht Schlierenzauer differenziert. "Der Hauptpunkt ist, dass bei uns irgendwo jeder schon eine 'story behind' hat oder Erfolge zurückliegen. Es ist kein weißes Blatt Papier mehr. Bei uns kommen vollgeschriebene Papiere zusammen und die muss man zu einem Buch fügen", erklärte der u.a. auch zweifache Weltcup-Gesamt-Sieger, der von Jänner 2016 bis Jänner 2017 ein ganzes Jahr Pause eingelegt hatte.
"Bei den Mädels würde ich es anders einstufen, da ist noch nicht so viel passiert, natürlich schon Positives. Da entsteht eine sehr gute Gruppendynamik, was schön ist für das ganze österreichische Skispringen", freut sich der Stubaier. Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass bei den deutschen Damen einige Leistungsträger wegen Kreuzbandrissen ausgefallen sind.