Die Liebe der Polen zum Skispringen hat der Sportart zur Premiere bei einem sommerlichen Großereignis verholfen.
Sara Marita Kramer und Co. springen diese Woche in Zakopane im Rahmen der European Games um Medaillen, der Wunsch des Veranstalterlandes nach Einbeziehung der Wintersportart in den Wettkampfkalender hat den Ausschlag gegeben.
Frauen wie Männer bestreiten von Dienstag bis Samstag auf Matten je einen Bewerb auf Normal- und Großschanze sowie eine Mixed-Konkurrenz.
Diese Premiere passt gut in die immer stärker geführte Diskussion, die Schanzen-Bewerbe klima-bedingt terminlich auch aus dem Kern-Winter herauszulösen.
"Hoffen auf einen Umbruch"
Der Beginn der vergangenen Weltcup-Saison war mit Hybrid-Springen Anfang November in Wisla schon früher als davor üblich, zu Ende ging die Punktejagd erst Anfang April.
In Österreichs Team steht man der neuen Erfahrung bei den Kontinental-Bewerben offen gegenüber. "Ich hoffe schon, dass das für uns so ein Umbruch ist, dass man weiß, wir können im Sommer genauso springen", sagte etwa Chiara Kreuzer.
Es sei zwar ungewohnt, da auch einmal dabei sein zu dürfen, sagte die Salzburgerin bei der Einkleidung inmitten von Sommersportlern zur APA.
Aber es sei wichtig, dass man mit der Umwelt, dem Klima und auch budget-technisch nicht alles ausreize. Fein sei zudem, dass es in Polens Skisprung-Mekka drei Bewerbe für die Frauen gebe, im Gegensatz zu zwei bei Olympia. "Und Polen ist ein skisprung-fanatisches Land." Mit Kreuzer im Team der Frauen von Ski Austria sind Kramer, Jacqueline Seifriedsberger, Julia Mühlbacher und Hannah Wiegele.
Skisprung-Damen ohne große Vorbereitung
Der neue Ski-Austria-Frauen-Coach Bernhard Metzler sieht in den European Games eine willkommene neue Bühne. "Jede Plattform, die man bekommt, ist der Sportart dienlich", sagte der Vorarlberger.
Explizit vorbereitet auf die Bewerbe hätte er sein Team nicht, dazu sei die Zeit zu kurz gewesen. "Für mich ist es aber interessant, weil ich mit der Mannschaft gleich in eine kleine Stress-Situation hineingehe - zum Schauen, wie die Leute reagieren. Wir schauen, wie die Abläufe sind, wie es funktioniert. Für mich ist so ein Wettkampf zum jetzigen Zeitpunkt total fein."
Der 44-Jährige sei auch gespannt, wie es den Athletinnen gehe, wenn sie nicht top-vorbereitet in eine Konkurrenz gehen. Das betrifft auch die im vergangenen Winter in die erweiterte Elite aufgestiegene Mühlbacher.
Die 18-Jährige kann schon das zweite Mal so etwas wie Olympia-Feeling aufsaugen, nachdem sie 2020 bei den Olympischen Jugendspielen in Lausanne dabei gewesen war und da Gold im Team-Mixed-Bewerb aus Skispringen und Nordischer Kombination geholt hat. "Das hat mir damals sicher geholfen", blickt die Oberösterreicherin auf die Erfahrung zurück.
Herren-Team ohne Kraft am Start
Bei den rot-weiß-roten Männern sagte Stefan Kraft wegen Formmangels ab. Es treten der seit kurzem 38-jährige Manuel Fettner, Jan Hörl, Markus Müller sowie Daniel Tschofenig an.
Letzterer sieht den zusätzlichen Sommer-Event - neben dem Sommer-Grand-Prix - als weiteren Schritt. "Wir haben mit den Hybrid-Springen einen Schritt in die Richtung gemacht und jetzt noch einmal. Mal schauen, was die Zukunft bringt", meinte der Kärntner. "Ich finde es sehr cool, dass wir die Möglichkeit haben, die viele andere Sportarten nicht haben."
Die ersten Schanzensprünge in der Vorbereitung haben die Österreicher Ende Mai absolviert, auch eine Session im Stockholmer Windkanal wurde abgespult. Neu beschlossene Regeländerungen gelten erst nach den European Games, Fettner teilt den Sommer daher in zwei Phasen ein.
"Zuerst ein bisschen ins Springen reinkommen, die Summer Games mitnehmen. Danach Material-Adaptierungen für den Winter." Tschofenig sieht noch eine interessante Komponente. "Wenn man gewinnt, ist man vielleicht für die Ewigkeit der einzige Skispringer mit Gold bei European Games."