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Daniel Huber: "Die Diagnose war schon ein Schock"

Der ÖSV-Adler durchlebt - schon wieder - eine Leidenszeit. Trotzdem brennt nach wie vor das Feuer in ihm. Was Huber auf dem Weg zurück antreibt:

Daniel Huber: Foto: © GEPA

Für Daniel Huber war die WM-Saison vorbei, bevor sie überhaupt begonnen hatte.

Der ÖSV-Adler klagte nach den ersten Trainingssprüngen im Rahmen des Weltcup-Auftakts in Lillehammer über starke Schmerzen im rechten Knie und musste vorzeitig abreisen.

Die Diagnose: Knorpelfraktur. Eine Operation war unumgänglich, Huber musste sich schon 2022 aufgrund eines Knorpelschadens im selben Knie einem Eingriff unterziehen.

"Warum schon wieder ich?" - diese Frage beschäftigte ihn, wie der Salzburger zugibt. Aktuell befindet sich der 32-Jährige im Aufbautraining, arbeitet mit seinem Physio Florian Greimel viel daheim in Seekirchen und im Olympiazentrum Rif an seinem Comeback.

Der Skiflug-Weltcupsieger spricht im LAOLA1-Interview darüber, wann er wieder auf die Schanze zurückkehren will, warum er von der Arbeit mit einem Mentaltrainer überzeugt ist und welche Aufgabe auf seinem Weg zurück die größte sein wird.

LAOLA1: Wie geht es dir aktuell?

Daniel Huber: Es geht mir den Umständen entsprechend sehr gut. Es war natürlich eine blöde Situation. Ich war schon oben beim Auftakt in Lillehammer, bin dann umgedreht und operieren gegangen. Mittlerweile bin ich schon wieder im Aufbau und kann Gas geben. Der Heilungsprozess läuft gut, es entwickelt sich alles. Ich bin guter Dinge, dass wir das wieder hinbringen.

"Bis du die endgültige Diagnose hast, sagst du dir, vielleicht ist es eh nichts Schlimmes, vielleicht vergeht es nach zwei, drei Wochen wieder. Die Diagnose war dann schon ein Schock."

Daniel Huber

LAOLA1: Diagnose Knorpelfraktur - was waren deine ersten Gedanken?

Huber: Man fragt sich schon: "Warum schon wieder ich?" Es hat ja nicht einmal so einen extremen Impact gegeben. Woher kommt das jetzt auf einmal? Bis du die endgültige Diagnose hast, sagst du dir, vielleicht ist es eh nichts Schlimmes, vielleicht vergeht es nach zwei, drei Wochen wieder. Die Diagnose war dann schon ein Schock. Es tut extrem weh, weil ich den ganzen Sommer gearbeitet habe. Jetzt blicke ich schon wieder nach vorne. Ich bin zum Glück echt schnell auch wieder motiviert gewesen. Ich freue mich auf alles, was noch kommt.

LAOLA1: Es ist das rechte Knie betroffen, in dem du schon einmal einen Knorpelschaden hattest.

Huber: Ja, genau. Das feigelt mich seit zwei Jahren auch immer wieder einmal, aber nicht so intensiv. Jetzt war es aber höchste Eisenbahn.

LAOLA1: Gibt es ein gewisses Restrisiko, dass nochmal etwas passieren kann?

Huber: Grundsätzlich sollte man es jetzt einmal so weit stabilisiert haben. Wie es tatsächlich wird, weiß man erst danach. Der Arzt ist recht positiv, ich bin recht positiv. Es fühlt sich schon besser und stabiler an, obwohl ich jetzt noch nicht viel Trainingszeit gehabt habe. Ein Restrisiko bleibt trotzdem immer, dass das nicht mehr ganz wird.

LAOLA1: Hast du einen Zeitplan, wann du wieder mit dem Training beginnen und wieder auf eine Schanze gehen willst?

Huber: Der Aufbau läuft schon, das dauert aber sicher noch eine gewisse Zeit. Ich hoffe ab Juni wieder auf der Schanze zu stehen, spätestens dann möchte ich meine ersten Sprünge machen. Die Einheilphase und der Aufbau sollten dann lange und intensiv genug gewesen sein. Ich möchte top vorbereitet sein, wenn ich wieder auf die Schanze gehe, damit der Schmerz möglichst lange nicht mehr kommt - im besten Fall gar nicht mehr.

Daniel Huber küsste im März noch seine Skiflug-Kristallkugel
Foto: © GEPA

LAOLA1: Arbeitest du mit einem Mentaltrainer, um solche Rückschläge richtig zu verarbeiten?

Huber: Ja, mittlerweile seit über zwei Jahren. Ich bin stetig und konsequent drangeblieben, es gibt immer wieder neue Themen, die aufkommen. Es ist nicht immer nur die Wettkampf-Performance, sondern eben auch, wie man mit Rückschlägen umgeht, wie man trotzdem positive Dinge in diesen Situationen sieht. Da ist es schon extrem wichtig, sich auszutauschen. Ich bin mittlerweile sehr überzeugt davon, es tut mir sehr gut und hilft mir in dieser Phase sehr.

LAOLA1: Du hast dir das Vierschanzentournee-Finale in Bischofshofen live vor Ort angesehen. Wie viel Wehmut war dabei, nicht selbst springen zu können und wie viel Freude zu sehen, dass deine Teamkollegen derart stark performen?

Huber: Bei beiden Seiten 100 Prozent. Die Schanze war perfekt hergerichtet, der Wettkampf war - bis auf die Bedingungen zum Schluss – mega fair. Da juckt es natürlich schon extrem. Ich hab den Morgi (Thomas Morgenstern, Anm.) dort getroffen, der hat gesagt, nach zehn Jahren ist der Reiz auch noch nicht verflogen. Ich glaube, das ist ganz normal, wenn man die Sportart einmal so extrem leidenschaftlich ausgeübt hat. Gleichzeitig herrschte extreme Freude über das, was die Jungs abliefern. Ich hätte es jedem Einzelnen vergönnt. Unterm Strich gibt es am Ende einen sehr verdienen Tourneesieger, wobei jeder Einzelne von drei es verdient gehabt hätte. Ich bin extrem dankbar und froh, Teil dieses Teams zu sein und hoffentlich auch bald wieder mehr mittendrin zu sein statt nur von außen zuzuschauen. Es ist als Skispringer in Österreich gerade eine extrem coole Zeit und ich möchte unbedingt wieder zurück, mit den Jungs gemeinsam um die Welt reisen und coole Wettkämpfe abliefern.

LAOLA1: Du bist als langjähriges Teammitglied gewissermaßen ein Insider. Ist es tatsächlich vor allem das Teamgefüge, das euch so stark macht?

Huber: Man unterschätzt von außen extrem, was es heißt, wenn man sich wirklich so gut versteht, wenn man nicht nur seine berufliche Zeit, sondern auch die Freizeit miteinander verbringt und gegeneinander kämpft, aber trotzdem Freunde ist und sich gegenseitig pusht, unterstützt und auch anstachelt, wenn es einmal etwas gibt, wo einer mal zum Jammern anfangen sollte. Es ist mit allen Betreuern, allen Trainern und allen Athleten ein Gemeinschaftsprojekt geworden. Es ist eine sehr coole Energie entstanden, die uns extrem auszeichnet.

"Das ist das stärkste Skisprung-Team der Welt, ein Teil davon zu ein, erfordert einen extrem großen Aufwand. Ich bin diesen Weg schon einmal gegangen und bin bereit, ihn wieder zu gehen."

Daniel Huber

LAOLA1: Wie groß ist der Anteil von Cheftrainer Andreas Widhölzl?

Huber: Den kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Er gibt eine Linie vor, die jeden Service-Mann, Trainer und Athleten prägt. Er weist uns den Weg, ohne ihn aufzuzwingen und lässt uns sehr viele Freiheiten. Er ist dann und wann trotzdem einmal bestimmt, wenn es sein muss. Das macht er meiner Meinung nach sehr cool.

LAOLA1: Aus dem Nachwuchs drängen extrem viele Springer nach, Maximilian Ortner wurde nach deiner Verletzung in Lillehammer ins kalte Wasser geworfen und landete sofort am Podest. Wie groß ist die Aufgabe, an diesen Jungspunden vorbeizukommen, um es wieder ins Weltcup-Team zu schaffen?

Huber: Das wird wahrscheinlich sogar die größte Aufgabe sein. Das ist das stärkste Skisprung-Team der Welt, ein Teil davon zu ein, erfordert einen extrem großen Aufwand. Ich bin diesen Weg schon einmal gegangen und bin bereit, ihn wieder zu gehen. Ich weiß, dass es Höhen und Tiefen geben wird, aber das wird sicher die größte Herausforderung sein, mein Startleiberl für den Saisonauftakt zu haben und dieses dann zu sichern. Wie man sieht, muss ich im Gesamtweltcup unter den Top 10 sein, wenn ich ein Startleiberl haben will.

"Ich will einfach wieder die Emotionen im Skisprung-Sport erleben, mitkriegen und Erfolge feiern können - und nicht immer nur auf mein Knie oder irgendwelche Verletzungen schauen müssen."

Daniel Huber

LAOLA1: Du hast in deiner Karriere schon einige tiefe Täler durchschritten, aber auch Höhenflüge erlebt. Du wurdest 2022 in Peking Team-Olympiasieger, vergangenen März hast du den Skiflug-Weltcup gewonnen. Wo hat die kleine Kristallkugel einen Platz gefunden?

Huber: Im Wohnzimmer. Ich schaue gerne drauf, weil es neben der Olympia-Medaille eine schöne Erinnerung ist – aber es hat definitiv noch etwas Platz daneben.

LAOLA1: Ist das ein weiterer Anreiz, nochmal solche Erfolge erleben zu wollen?

Huber: Das Gefühl von damals kann man nicht mehr wiederholen. Es ist eine einzigartige Situation, eine einzigartige Saison gewesen. Ich will einfach wieder die Emotionen im Skisprung-Sport erleben, mitkriegen und Erfolge feiern können - und nicht immer nur auf mein Knie oder irgendwelche Verletzungen schauen müssen.

LAOLA1: Das nächste große Ziel?

Huber: Olympia, ganz klar. Ich sehe es so, dass es ein sehr langes Ausholen auf die Olympia-Saison ist. Ich hoffe, dass mir das auch gelingt.



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