Im Skispringen steht eine Revolution bevor.
Die FIS plant ab der Saison 2026/27 die Zusammenführung des Frauen- und Männer-Weltcups. Konkret sollen beide Geschlechter in Zukunft zur gleichen Zeit an den gleichen Schauplätzen springen. Das kündigt FIS-Renndirektor Sandro Pertile vor dem Tournee-Finale in Bischofshofen an.
Man erwarte sich dadurch eine Erhöhung des Stellenwerts des Frauen-Skispringens, was allerdings gleichzeitig zur Folge hätte, dass Normalschanzen-Bewerbe wie in Hinzenbach, Villach oder Ljubno wohl gänzlich aus dem Weltcup-Kalender fallen würden. Der ÖSV hat dies zuletzt bereits kritisiert.
Die Integrationspläne seien auf dem Papier zeitlich klar definiert, die Umsetzung allerdings nicht einfach. Damit sprach Pertile die Widerstände an, die wohl nicht nur vom ÖSV kommen dürften.
Fix ist außerdem die Ermöglichung der Vergrößerung der bestehenden Flugschanzen. Und auch eine Flugtrainingsschanze in den USA soll es in den nächsten Jahren geben.
FIS-Renndirektor Sandro Pertile sprach außerdem über...
...die laufende Vierschanzentournee:
Es ist meine fünfte Saison als Renndirektor, aus meiner Perspektive ist es die beste Vierschanzentournee in meiner Ära. Wir hatten eine hohe Medienaufmerksamkeit, eine große Anzahl an Zuschauern an allen Standorten und großartige Leistungen von allen Athleten.
...die Zusammenführung des Frauen- und Männer-Weltcups:
Wir wollen dadurch den Wert der Frauen-Wettkämpfe signifikant steigern. Ich erwarte keine 180-Grad-Wendung in einer Nacht. Aber ich bin der Meinung, dass wir in den nächsten drei bis fünf Jahren hart daran arbeiten müssen. Das ist der einzige Weg, wie wir etwas ändern können.
"Uns ist bewusst, dass es eine Kluft zwischen Frauen und Männern gibt. Wir arbeiten hart daran, dass es diese in der Zukunft nicht mehr geben wird, aber es ist aktuell nicht leicht, Frauen-Wettkämpfe zu finanzieren."
Wir sehen, dass der Trend nach oben geht – aber zu langsam. Am Anfang meiner Ära lag der Marktwert der Frauen bei ca. 10 Prozent im Vergleich zu den Männern, nun liegt er bei 15 Prozent. Unser Ziel ist es, in den nächsten drei bis fünf Jahren 50 Prozent zu erreichen.
...die unterschiedlichen Preisgelder für Frauen und Männer:
Uns ist bewusst, dass es eine Kluft zwischen Frauen und Männern gibt. Wir arbeiten hart daran, dass es diese in der Zukunft nicht mehr geben wird, aber alle Punkte müssen miteinbezogen werden und dazu gehört, dass es aktuell nicht leicht ist, Frauen-Wettkämpfe zu finanzieren. Wir haben in den letzten Jahren die Anzahl der Wettkämpfe und das Level steigern können, trotzdem müssen wir in der Zukunft noch mehr machen.
...die Kritik von Selna Freitag, nach ihrem Sieg in der Qualifikation in Garmisch-Partenkirchen nur eine Tasche mit Duschgel, Shampoo und Handtüchern erhalten zu haben, während die Männer 3.000 Schweizer Franken bekommen:
Ich bin mit dieser Situation nicht zufrieden gewesen. Ich habe gestern mit Chika Yoshida (FIS-Renndirektorin der Frauen, Anm.) darüber gesprochen, sie hat mir gesagt, dass wir darüber nicht informiert waren. Ich war bei der Diskussion nicht dabei, denn im Moment haben wir die Situation, dass die Männer unter meiner Aufsicht sind und die Frauen unter ihrer. Es war sicher nicht gut.
...die Ablöse von Frauen-Renndirektorin Chika Yoshida:
Ich werde nach der Weltmeisterschaft schrittweise die Agenden von Chika übernehmen. Die nächste Saison ist noch ein Übergangsjahr, wo wir flexibel bleiben müssen. Wir arbeiten schon an einem gemeinsamen Staff für die Saison 2026/27. Ich möchte Chika Yoshida für ihre großartige und wichtige Arbeit in den letzten 13 Jahren danken, das aktuelle Level haben wir auch dank ihr erreicht. Wir versuchen einen flüssigen Übergang zu schaffen, das wird etwas Zeit brauchen.
"Wir brauchen keine Revolution, aber die Zusammenführung von Frauen und Männern ist eine großartige Möglichkeit, unseren Sport zu modernisieren."
...mögliche neue Formate:
Wir haben eine großartige Möglichkeit, über die Entwicklung unserer Formate nachzudenken. Das beste Beispiel war Engelberg für uns. Sechs Sprung-Runden (je ein Qualifikations- und je zwei Wettkampfsprünge pro Geschlecht, Anm.) abzuhalten, war schwierig. Wir diskutieren aktuell unter anderem, die Probedurchgänge zu streichen. Außerdem sprechen wir über Möglichkeiten, die Qualifikation zu verändern. Es kann sein, dass wir pro Wochenende nur eine statt zwei Qualifikationen haben.
...über den gravierenden Unterschied im öffentlichen Zuschauerinteresse zwischen Männern und Frauen:
Frauen-Skispringen ist viel jünger als Männer-Skispringen. Mein Wunsch ist es, das Niveau mit einem besseren und kompakteren Programm zu verbessern. Wir sollten auch bei den Frauen zu einem hochqualitativen Produkt werden. Wenn wir zusammen sind, müssen wir innerhalb eines Zeitplans von fünf Stunden sein, wo die Fans an der Schanze beide Bewerbe sehen und entertained werden.
...die Modernisierung des Skisprung-Sports:
Wir brauchen keine Revolution, aber die Zusammenführung von Frauen und Männern ist eine großartige Möglichkeit, unseren Sport zu modernisieren. Wenn wir auf einer globalen Basis wachsen wollen, müssen wir auch in den USA und China präsent sein. Wir hoffen außerdem, in der Zukunft auch wieder in Russland zu springen.