Am Dreikönigstag werden nicht Casper, Melchior und Balthasar im Fokus stehen, sondern Stefan, Jan und Daniel.
Einer der drei rot-weiß-roten Heiligen Drei Könige wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den ersten Gesamtsieg eines Österreichers bei der Vierschanzentournee seit 2014/15 einfahren und damit eine elendslange Durststrecke beenden.
Kraft, Hörl und Tschofenig sind der Konkurrenz in den vergangenen Tagen konstant davongeflogen, das sorgte bei der internationalen Konkurrenz auch für reichlich Stirnrunzeln und den einen oder anderen Betrugsvorwurf aus Deutschland oder Norwegen.
Davon ließ sich das ÖSV-Trio jedoch nie aus der Ruhe bringen und lieferte auf der Schanze die richtigen Antworten. In Oberstdorf und Innsbruck führte Kraft jeweils einen Dreifachsieg vor Hörl und Tschofenig an, in Garmisch-Partenkirchen stand der Kärntner am obersten Stockerl.
Nach drei von vier Springen liegen nur 1,3 Punkte und damit nicht einmal ein ganzer Meter zwischen Kraft, Hörl und Tschofenig. Das ist vor dem finalen Bewerb der knappste Abstand zwischen den Top 3 in der gesamten Tournee-Geschichte. Die Gesamtwertung >>>
Die Skisprung-Fans erwartet also die spannendste Tournee-Entscheidung aller Zeiten. LAOLA1 beleuchtet, was für jeden der drei ÖSV-Adler sprechen könnte.
STEFAN KRAFT:
Der 31-Jährige kennt das Gefühl, den Goldenen Adler in seinen Händen zu halten.
Vor genau zehn Jahren sorgte Kraft für den letzten Tournee-Gesamtsieg eines Österreichers, dafür reichte ihm nach dem Tagessieg in Oberstdorf sowie einem zweiten Platz in Innsbruck der dritte Rang in Bischofshofen.
Nun könnte er die elendslange Durststrecke eigenhändig beenden, geht er doch wie 2014/15 als Gesamtleader in den finalen Bewerb. Die Tournee schon einmal gewonnen zu haben, könnte sein größter Trumpf sein.
"Ich habe ihn (den Goldenen Adler, Anm.) ja schon daheim stehen, daher habe ich nichts zu verlieren und kann voll angreifen", sagte der dreifache Gesamtweltcup-Sieger nach der Qualifikation in Bischofshofen gegenüber LAOLA1.
Die Naturschanze im Salzburger Pongau liegt dem Gesamtweltcup-Sieger, im Vorjahr triumphierte er erstmals auf der letzten Tournee-Station. Damit dürfte er den Bischofshofen-Code geknackt haben, denn die Quali am Sonntag gewann er mit deutlichem Vorsprung.
"Der Sprung war schon eine richtige Bombe", strahlte Kraft, der angesichts dessen wohl als Favorit in den Dreikönigstag in Bischofshofen gehen wird, wo er 2013 bei seinem erst zweiten Tournee-Springen als Dritter seinen ersten Weltcup-Podestplatz holte.
Kraft hat hier allerdings auch schon schwierige Zeiten erlebt, wurde 2022, als es aufgrund einer windbedingten Absage in Innsbruck zwei Springen in Bischofshofen gab, nur 23. und 24. Generell sagt die Statistik: Entweder ist Kraft ganz vorne dabei oder abgeschlagen.
Für den mehrfachen Weltmeister könnte außerdem die Routine sprechen. Kraft hat solche Drucksituationen in seiner Karriere schon zigmal erlebt, bei ihm hält für gewöhnlich auch das Nervenkostüm.
Und sollte es nichts mit seinem zweiten Goldenen Adler werden, wird sich der Überflieger der letzten Jahre als fairer Verlierer geben. "Dann waren die beiden besser und damit kann ich leben", meinte Kraft schon in Innsbruck.
JAN HÖRL:
Noch mehr Heimspiel geht für Hörl nicht.
Der 26-Jährige ist in Bischofshofen aufgewachsen, springt für den ansässigen Skiclub und erlernte hier in seiner Kindheit das Grundwerkzeug für eine erfolgreiche Skisprung-Karriere. Das Elternhaus befindet sich nur 200 bis 300 Meter Luftlinie von der Schanze entfernt.
Wenn es darum geht, wer die größte Risikobereitschaft an den Tag legen wird, führt am Pongauer wohl kein Weg vorbei. Der Tournee-Zweite bewegt sich stets am absoluten Limit, hat seinen Sprung über die Jahre aber stabilisiert und kam spätestens im Vorjahr in der Weltspitze an.
Mit seiner Heimschanze hat Hörl allerdings noch eine Rechnung offen. 2024 wurde er nur Zehnter und verlor in der Tournee-Gesamtwertung den dritten Platz noch an Stefan Kraft. Lange sei die Paul-Außerleitner-Schanze eine "Hass-Schanze" gewesen.
In den letzten zwei, drei Jahren hätte sich eine "Hass-Liebe" entwickelt. Immerhin stand Hörl 2022 als Dritter am Podest, hinzu kommen zwei fünfte Plätze. "Die Ergebnisse haben schon gepasst", wusste der Salzburger.
In der Qualifikation am Sonntag wurde der Lokalmatador Sechster, war mit seinem Sprung nicht ganz glücklich. "Mir ist der Tisch etwas ausgegangen, der war etwas zu kurz", konstatierte er. Im finalen Bewerb könne er dafür "wenigstens vorlegen."
Aus dem Trio ist er indes der einzige, der bei der diesjährigen Tournee noch zu keinem Tagessieg springen konnte. Den Goldenen Adler im "Wohnzimmer" vor zahlreichen Familienmitgliedern und Freunden zu gewinnen, würde ihm viel bedeuten.
"Ich habe hier auf der kleinen Schanze meine ersten Sprünge gemacht, daher wäre es ein großer Traum", sagte der 26-Jährige, erklärte jedoch weiters: "Man kann es nicht erzwingen, es muss passieren."
DANIEL TSCHOFENIG:
Der jüngste Springer aus dem Trio hat sich in diesem Winter endgültig in der Weltspitze etabliert. Und das, obwohl er im Sommer wegen eines Adduktoreneinrisses im Bein lange nur eingeschränkt trainieren konnte.
Anfang Dezember feierte der 22-Jährige in Wisla seinen ersten Weltcup-Sieg, seinen zweiten ließ er vor der Tournee in Engelberg folgen. Der dritte Streich gelang ihm beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen.
Tschofenig trägt seitdem auch das Gelbe Trikot für den Gesamtweltcup-Führenden, jenes des Tournee-Leaders musste er nach dem Bergisel-Springen wieder an Stefan Kraft abgeben.
Der Villacher unterscheidet sich vor allem in der Sprungtechnik von Kraft und Hörl. Während die beiden Salzburger eher flach über die Hügel dieser Welt gleiten, setzt Tschofenig auf Höhe. Das kostet zwar Geschwindigkeit, seinen Sprungstil hat er heuer jedoch perfektioniert.
"Tschofenig hat aus meiner Sicht die stabilste Grundtechnik. Bei ihm schauen die Sprünge immer gleich aus", streute Cheftrainer Andreas Widhölzl seinem Schützling zuletzt im "Kurier" Rosen. Das bringt zusätzliches Selbstbewusstsein, das ohnehin nicht endendwollend ist.
Auch "Tschofe" verbindet mit Bischofshofen ein schönes Erlebnis, am 6. Jänner 2021 feierte er dort sein Weltcup-Debüt und sammelte als 30. auch prompt Punkte.
Liebe auf den ersten Blick war es aber nicht, ein zehnter Platz 2022 steht als bestes Ergebnis. Letztes Jahr wurde er überhaupt nur 17. "Aber da war ich auch in einem Formtief, das war rein springerisch sicher einer der schlechtesten Wettkämpfe von mir", erklärte Tschofenig.
Am Qualifikationstag hatte der Kärntner noch seine Probleme - im Training traf er jeweils nicht die tückische Kante, in der Qualifikation erwischte er sie zwar, dafür war er mit der Flugphase nicht zufrieden.
Dafür ist der vierte Platz jedoch beachtlich und ließ ihn mit großer Zuversicht auf das Finale blicken. "Wenn ich Kante und Flugphase verbinde, ist extrem viel Potenzial drinnen. Dann kann es wieder ausschauen wie in Garmisch."