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Dramatisches Tournee-Finale: "Das ist ein Luxusproblem"

Die ÖSV-Skispringer holen bei der Tournee elf von zwölf Podestplätzen. Trotzdem sind zwei enttäuscht. "Das ist brutal", sagt Cheftrainer Widhölzl im Interview.

Dramatisches Tournee-Finale: Foto: © GEPA

Die Vierschanzen-Tournee ist mit einem dramatischen Finale zu Ende gegangen - und mit einem österreichischen Dreifachsieg in der Gesamtwertung. 

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Daniel Tschofenig fing am Dreikönigstag mit einem Sieg in Bischofshofen vor Jan Hörl und Stefan Kraft seine Teamkollegen noch ab. In der Gesamtwertung fixierte das Trio den insgesamt dritten Dreifacherfolg für Österreich in der Tournee-Geschichte nach 1975 und 2012. Mit dem Triumph endete auch die ÖSV-Durststrecke seit dem Kraft-Sieg 2015.

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ÖSV-Erfolgstrainer Andreas Widhölzl spricht im Interview über die strittige Situation vor Stefan Krafts Finalsprung, ein Luxusproblem und seine Zukunft. Außerdem schickt der Chefcoach eine Kampfansage für das nächste Saisonhighlight hinterher. 

Frage: Es ist der Dreifachsieg für Österreich geworden, aber irgendwie sind zwei nicht ganz glücklich. Was sagst du zum Ausgang?

Andreas Widhölzl: Er war auf jeden Fall dramatisch. Wir wussten im Vorfeld, dass einer lachen und die anderen zwei etwas enttäuscht sein werden. Es hatte jeder selbst in der Hand. Jan hat den Telemark verwackelt, das sollte eigentlich nicht passieren. Sonst hätte er es gewonnen. 'Krafti' hatte eine lange Phase, wo er oben warten musste. Das war auch nicht unbedingt ein cooles Gefühl. Das Momentum war beim Daniel. Das ist der Sport. Es ist verständlich, dass die zwei enttäuscht sind und dass es sie anzipft. Das kann ich absolut nachvollziehen, sie wollten das Ding auch gewinnen. Ich bin froh, dass einer gewonnen hat. Jetzt sind wir auf den Plätzen eins, zwei, drei – das ist für Skisprung-Österreich ein Wahnsinnstag. Wir haben elf von zwölf Stockerlplätzen geholt und drei Mal einen Dreifachsieg, das ist schon brutal.

"Das ist ein Luxusproblem, das wir haben. Man hat drei, die um den Sieg kämpfen, innerhalb von vier Punkten noch dazu. Man kann nicht sagen, der eine war besser als der andere."

Frage: Man hat etwas das Gefühl, dass eine gedämpfte Stimmung herrscht. Kannst du dich mit Daniel Tschofenig mitfreuen?

Widhölzl: Das ist ein Luxusproblem, das wir haben. Man hat drei, die um den Sieg kämpfen, innerhalb von vier Punkten noch dazu. Man kann nicht sagen, der eine war besser als der andere. Bei so einem knappen Abstand entscheidet oft das Momentum. Ich habe mich voll gefreut, egal, wer gewonnen hätte. Ich habe mich auch für den Maxi (Ortner; Anm.) gefreut, der total untergeht. Der hatte die allerschlechtesten Bedingungen von allen und wird Fünfter. Der strahlt über das ganze Gesicht. Ich vergönne es jedem von Herzen, ich arbeite das ganze Jahr mit ihnen gemeinsam an ihren Zielen.

Frage: Wie beurteilst du die Situation vor dem zweiten Sprung von Stefan Kraft?

Widhölzl: Es war klassisch, dass beim letzten Springer auf einmal der Aufwind drin ist. Ich hätte mir gewünscht, dass es gleich in einem Rutsch durchgeht. Die Situation ist schwierig, wenn du als Athlet oben stehst und die Keile drin hast und auch nicht genau weißt, was los ist. Es war ein zu guter Aufwind drin, die Jury kann ihn da nicht runter lassen. Man weiß nicht, wie lange diese Phase dauert. Es ist fast zehn Minuten so dahingegangen, das war ganz untypisch nach den letzten beiden Tagen. Das ist natürlich eine blöde Situation für ihn. Es ist bitter.

Frage: Stefan Kraft hat gemeint, es war nicht fair.

Widhölzl: Es war ja keine absichtliche Pause. Die einen hatten Rückwind und er hatte einen Meter Aufwind, da können sie ihn nicht runter lassen. Das ist von der Jury auch verständlich. Wenn man als Athlet da so lange steht und startbereit ist, macht es das mental natürlich nicht einfacher. Sie können aber nicht den Anlauf verkürzen, weil er dann anderen gegenüber einen Vorteil hat. Es ist eine schwierige Situation, da stehst du oben und bist nur Zuschauer, kannst nichts machen. Ich habe mir nur gedacht, der Wind soll bitte einfach ruhiger werden.

Frage: Wie sieht dein Fazit dieser Tournee aus? Hast du irgendwas auszusetzen?

Widhölzl: Nein, gar nichts. Es ist von Anfang an super gelaufen. Wir hatten einen super Start mit dem Dreifachsieg, dann bist du in dem Flow drin, da geht schon vieles leichter. Sie sind extrem cool geblieben und haben sich bis zum Schluss nichts geschenkt, sie sind auf Angriff gehupft. Schön wärs gewesen, wenn alle drei ex aequo gewonnen hätten, aber das ist nicht möglich. Allgemein betrachtet ist es eine Wahnsinns-Tournee gewesen.

"Das erste Highlight haben wir bravourös gemeistert, jetzt steht bald die WM vor der Tür, das ist das neue Ziel. Die Konkurrenz wird sicher nicht schlafen, die wollen natürlich aufholen. Wir wollen so viele Medaillen bei der WM gewinnen, wie möglich."

Frage: Wie kann man diesen Erfolgslauf in der weiteren Saison fortsetzen?

Widhölzl: Das gute ist, dass jetzt mal ein Wochenende frei ist. Das hilft schon, um ein bisschen runterzukommen. Es wird jetzt rundherum viel passieren. Mal schauen, wie es ihnen körperlich geht, die Tournee ist doch anstrengend. Viele werden danach krank, wenn der Motor runterfährt. Schauen wir mal, aber wir werden dann relativ schnell wieder ins Training einsteigen. Das erste Highlight haben wir bravourös gemeistert, jetzt steht bald die WM vor der Tür, das ist das neue Ziel. Die Konkurrenz wird sicher nicht schlafen, die wollen natürlich aufholen. Wir wollen so viele Medaillen bei der WM gewinnen, wie möglich.

Frage: Du hast als Trainer quasi alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Hast du alles erreicht?

Widhölzl: Ich mache es gerne, nach wie vor, es macht Spaß. Mit dem Erfolg geht natürlich alles leichter. Es macht aber auch extrem viel Spaß, mit den Jungs und dem Betreuerteam unterwegs zu sein. Wir sind unglaublich zusammengewachsen, es sind viele Freundschaften entstanden. Machen wir mal die heurige Saison fertig, nächstes Jahr ist Olympia und dann schauen wir. Ich habe immer gesagt, ich lasse es mir offen, solange es Spaß macht und solange die Jungs wollen, dass ich das mache.

Frage: Was nimmst du dir als Trainer noch vor?

Widhölzl: Es gibt jedes Jahr neue Ziele, die sind immer hoch. Das gute ist, dass wir jedes Jahr Highlights haben. Es ist ein irrsinnig cooler Job und der Erfolg ist da.  Wenn er mal nicht so da ist, geht das Leben auch weiter.

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