Beinahe wie nach einem Sieg freute sich Stefan Kraft am Sonntag über seinen dritten Platz beim Auftakt der Vierschanzen-Tournee in Oberstdorf.
"Das war einer meiner besten Sprünge der Saison und genau jetzt im zweiten Durchgang", strahlte der Salzburger, der im Finale auf starke 134,5 Meter segelte. "Ich bin schon nach zehn Metern geflogen, alles locker, ohne Skifehler, dann geht's dahin."
"Das macht hungrig auf mehr, ich freue mich auf die nächsten Schanzen, vor allem auf Österreich."
Kraft ist nun auch im Kampf um den Gesamtsieg der Tournee voll mit dabei. Auf den japanischen Sieger Ryoku Kobayashi fehlen ihm vor dem Neujahrsspringen am Dienstag in Garmisch-Partenkirchen (14.00 Uhr) nur 1,8 Punkte, auf den Zweiten Markus Eisenbichler aus Deutschland nur 1,4.
Kobayashi bestätigt Favoritenrolle
Der 22-jährige Japaner bestätigte beim Auftakt allerdings auch seine Favoritenrolle bei der 67. Auflage. Kobayashi triumphierte als erster Japaner seit Kazuyoshi Funaki vor 22 Jahren auf der Schattenbergschanze, die mit 25.000 Zuschauern voll besetzt war.
Mit einem Gesamtsieg würde Kobayashi neuerlich in die Fußstapfen von Funaki treten, dem bisher einzigen Sieger aus Japan (1997/98). "Ich habe keinen Druck gespürt, ich habe nur meine Sache durchgezogen", sagte der Saison-Dominator.
Mit Flügen auf 138,5 und 126,5 m gewann Kobayashi vor dem Bayern Eisenbichler (133/129), der schon nach dem ersten Durchgang Zweiter gewesen war, und sein bisher bestes Weltcup-Resultat einstellte.
Huber rutscht auf Platz 10 zurück
Daniel Huber (129/124) rutschte hingegen vom sechsten auf den zehnten Platz zurück. "Ich habe leider nicht mehr ganz das umgesetzt, was ich mir vorgenommen habe", sagte der Salzburger. "Es war nicht mehr so aus einem Guss, aber ich war auch nicht vom Glück verfolgt, wenn ich mir die Windpunkte anschaue." Der Top-Ten-Platz sei aber gut für das Selbstvertrauen, nun sei die Anspannung weg. Der 25-Jährige hatte als Dritter bei der Tournee-Generalprobe in Engelberg den bisher einzigen ÖSV-Podestplatz des WM-Winters erreicht.
Cheftrainer Andreas Felder, der den bei unterschiedlich starkem Rückenwind bestrittenen Bewerb wie schon oft nicht vom Trainerturm verfolgt hatte, wirkte erleichtert. "Der Stockerlplatz ist sehr viel wert. Wir wissen, dass wenn keiner am Stockerl steht, die Jammerei losgeht", sagte der Tiroler und lobte die aktuell zwei besten ÖSV-Springer. "Stefan wird immer selbstsicherer und ist auf einem guten Weg. Auch Daniel hat einen guten Wettkampf geliefert. Da muss man eigentlich zufrieden sein."
Die ÖSV-Skispringer warten nun allerdings schon seit 30 Bewerben auf einen Sieg im Weltcup, das ist Negativrekord. Zuletzt hatte Kraft beim Saisonfinale 2016/17 in Planica gewonnen. Die zuvor längste Durststrecke hatte zu Beginn der Ära von Cheftrainer Alexander Pointner von 2004/05 bis 2005/06 29 Bewerbe umfasst.
"Es ist wie verhext"
Michael Hayböck (118,5/109 m) und Markus Schiffner (119,5/107) hatten sich im K.o.-System für das Finale der besten 30 qualifiziert, kamen aber mit dem stärkeren Rückenwind überhaupt nicht zurecht und mussten mit den Plätzen 27 und 30 vorlieb nehmen. Nach dem ersten Durchgang ausgeschieden waren Philipp Aschenwald (trotz besserer Punkte als Hayböck und Schiffner) und Manuel Fettner. Auch Andreas Wellinger (Aus gegen Schiffner) und Severin Freund mussten vorzeitig ihre Sachen packen.
Zumindest Hayböck hatte am Vortag seine Steigerung angedeutet, die Bestätigung im Bewerb gelang aber nicht. "Es ist echt wie verhext. Das war wieder so ein Tag, wo von Anfang an nichts passen will", ärgerte sich der Oberösterreicher der in Oberstdorf von 2014 bis 2016 drei Podestplätze erreicht hatte. "Das gute an der Tournee ist, dass es am nächsten Tag schon wieder weitergeht."
Die mannschaftlich so starken Polen von Cheftrainer Stefan Horngacher müssen weiter auf den ersten Saisonsieg warten. Der zweifache Oberstdorf- und Tourneesieger Kamil Stoch (127/131) wurde als drittbester Pole Achter. Nach dem Grand-Slam bei der vergangenen Auflage startet der Olympiasieger 14,7 Punkte hinter Kobayashi ins Neue Jahr.
Piotr Zyla wurde Sechster (133/126,5), und egalisierte damit nach vier Podestplätzen in Serie sein "schlechtestes" Saisonresultat. Bester Pole war Dawid Kubacki als Fünfter (128,5/133,5) hinter dem Norweger Andreas Stjernen (132,5/131).