46,75 Prozent für "Ja" und 53,25 für "Nein" - so lautet das vorläufige Endergebnis der Volksbefragung zur Olympia-Bewerbung Tirols/Innsbrucks für 2026 nach Auszählung der Stimmkarten am Montag.
Karl Stoss, Präsident des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC), spricht nach dem Nein der Tiroler Bevölkerung von einem "großen Schock".
"Ich bin enttäuscht, weil ich vom Konzept zu 100 Prozent überzeugt war, es hätte auf der internationalen Sportbühne höchste Anerkennung gefunden. Dass es so negativ abgelehnt wird, ist natürlich eine herbe Enttäuschung. Das zeigt auch den gesellschaftspolitischen Wert des Sports in Österreich. Der ist derart nieder, dass es schon fast beschämend ist", sagt Stoss.
Olympische Spiele im Land zu haben, wäre eine einmalige Chance gewesen, so der ÖOC-Boss. "Wir müssen daran arbeiten, dass der gesellschaftspolitische Stellenwert des Sports ein viel größerer wird. Ähnlich wie in vielen anderen europäischen Ländern, wo man das mit Stolz trägt und auch froh und glücklich wäre, wenn es einem gelingen würde, Olympische Spiele ins Land zu bekommen."
Stoss hätte sich gewünscht, dass sich die Menschen vor ihrer Entscheidung richtig informiert hätten. Das wäre Recht und Pflicht gewesen, denn nur dann funktioniere die direkte Demokratie. Der Besuch bei den über 50 Informationsveranstaltungen im gesamten Bundesland sei aber zum Teil erschreckend schwach gewesen. Deshalb komme immer stärker der Populismus zum Tragen.
"Ich bin zu hundert Prozent überzeugt, uns wäre es wirklich gelungen, maßvolle, überschaubare, kostengünstige Winterspiele zu veranstalten. So eine Chance wird sich nie mehr bieten", betont der frühere Casinos-Generaldirektor. Am meisten enttäuscht hätte ihn die Ablehnung in Innsbruck und Kitzbühel.
Schröcksnadel: Kein Gefühl für Olympia
Für ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel bedeutet das Nein der Tiroler "eine versäumte Chance". Nach Meinung des 76-Jährigen waren die Zusammenlegung mit der Nationalratswahl, aber auch das angeschlagene Image des IOC ausschlaggebend für den Ausgang. "Das Olympische Image hat Macken bekommen. Dazu kommt, dass die Menschen kein Vertrauen mehr in die Politik haben. Wenn sich dann ein Wahlkampf so entwickelt, dann verstärkt das den Vertrauensverlust und dann fällst du mit so einem Thema eben zwischen die Ski durch. Vielleicht war es ein Fehler, das zusammenzulegen", sagt Schröcksnadel am Rande einer FIS-Sitzung in Mailand gegenüber der APA.
Im Vorfeld der Volksbefragung seien nie Emotionen oder gar eine Bewegung oder eine Euphorie entstanden, stellte Schröcksnadel fest. Deshalb sei es nie zu einem wirklichen Gefühl für Olympia gekommen. "Vor allem dafür, was Olympia einem Land geben kann. Hier hat man jetzt nicht nur eine Riesenchance für die Jugend verpasst", bedauert der Tiroler.
Die Innsbrucker Bevölkerung hatte schon 1993 und 1997 gegen die Bewerbung um Winterspiele votiert. Nun gab es trotz der durch die Agenda 2020 des IOC positiv geänderten Bedingungen erneut eine klare Absage.
Olympia in Tirol nun "politisch tot"
Während dieses Thema für Schröcksnadel nun "politisch tot" ist, schloss Stoss eine künftige Bewerbung Österreichs für Winterspiele nicht grundsätzlich aus. "Da müsste man aber zu uns (dem ÖOC, Anm.) kommen und sagen, jetzt ist die Bevölkerung reif. Dann ja, warum nicht. Das Konzept steht, weil die Anlagen werden auch in zehn Jahren noch aktuell sein. Der Wunsch nach Kleinheit, nach Überschaubarkeit, der Wunsch, Winterspiele wieder in Winterregionen, in alpine Regionen zurückzubringen, wird auch in zehn Jahren topaktuell sein."
Nach dem Aus Innsbrucks ist Sion (Schweiz) der einzige verbliebene mögliche Bewerber aus dem Alpenraum. Stockholm, Calgary und eine US-Stadt sind ebenfalls interessiert, Lillehammer hat eine Studie in Auftrag gegeben. Mögliche weitere Bewerber sind Mailand, Sapporo, Erzurum (Türkei) und Almaty (Kasachstan). Die Vergabe der Winterspiele 2026 soll im Oktober 2019 erfolgen.