Mit zehn Gesamtweltcup-Siegen, drei Olympia-Medaillen und 14 mal WM-Edelmetall ist Markus Prock der erfolgreichste Österreicher in der Geschichte des Kunstbahnrodelns. Zwischen 1981 und 2002 feierte der Tiroler 33 Weltcupsiege und sechs Olympia-Teilnahmen.
Nach Olympia-Bronze 2002 in Salt Lake City (USA) beendete der heutige ÖRV-Präsident seine aktive Laufbahn und hinterließ große Fußstapfen im rot-weiß-roten Rodelsport.
Fußstapfen, in die Tochter Hannah treten könnte. Beim Karriereende ihres Vaters war sie erst zwei Jahre alt, jetzt steht die heute 19-Jährige selbst vor ihrer ersten vollen Saison im ÖRV-Nationalteam.
Vater Prock "nimmt den Druck"
Dabei stieß der Rodelsport bei Hannah zunächst auf wenig Begeisterung. Rund um den Eiskanal war es Prock früher schlichtweg "zu kalt".
Erst im Alter von zehn Jahren wurde sie von Schwester Nina (Karriere bereits beendet) überredet, sich erstmals in die Schale zu setzen. Ab diesem Zeitpunkt war der glühende Harry-Potter-Fan von dem High-Speed-Sport verzaubert.
"Was für mich den Sport so einzigartig macht, sind die Geschwindigkeit, die man im Eiskanal hat und der Druck, den man in den Kurven verspürt. Das ist einfach ein einzigartiges Gefühl", schwärmt Prock.
"Ich hole mir immer einen Rat von ihm, das gibt mir viel Ruhe für das bevorstehende Rennen."
Die besondere Situation, dass der erfolgreichste Athlet ihrer Sportart und gegenwärtige ÖRV-Präsident ihr Vater ist, bremst die junge Sportlerin aber nicht, im Gegenteil: "Er ist für mich eher derjenige, der mir den Druck nimmt. Die Gespräche vor den Rennen sind mir mit ihm sehr wichtig", erläutert Prock und erzählt von einem Ritual: "Ich rufe ihn vor jedem Rennen an, wenn er nicht dabei ist. Ich hole mir immer einen Rat von ihm und das gibt mir viel Ruhe für das bevorstehende Rennen."
Es liegt aber nicht nur am Vater, dass die Familie große Fußstapfen im Sport hinterlässt. Hannahs Cousin ist niemand Geringerer als Österreichs erfolgreichster Skispringer Gregor Schlierenzauer, den die Rodlerin neben Teamkollegen Wolfgang Kindl als einen ihrer Vorbilder nennt.
Von der Schulbank in die Weltspitze?
Dass die Stubaierin erst jetzt voll in den Weltcup einsteigt, liegt daran, dass neben dem Rodeln die Schule bislang oberste Priorität genoss. Im Juni dieses Jahres maturierte das Talent schlussendlich im Sport-BORG in Innsbruck. Ein Grund, weshalb sich die diesjährige Vorbereitung im Vergleich zur Jugend nicht wesentlich unterschieden hat.
"Es war nicht viel intensiver als sonst, weil ich mich bis Juni auf die Schule konzentrieren musste und dort die Matura schrieb. Danach musste ich für fünf Wochen zum Bundesheer für die Grundausbildung, deshalb hatte ich nicht ganz so viel Trainingsmöglichkeiten", erklärt die jetzige Heeressportlerin.
Mit der Doppelbelastung aus Schule und dem Spitzensport hatte die 19-jährige zwar zu kämpfen, der Stress machte sich schlussendlich aber bezahlt. "Dafür kann ich mich jetzt umso mehr aufs Rodeln fokussieren. Ich bin gespannt, ob ich den Aufwand auch in Ertrag umwandeln kann", sagt die ehrgeizige Tirolerin.
Neben Hannah Prock gilt die 21-jährige Madlen Egle als heißestes Eisen im ÖRV-Lager. Komplettiert wird das Damen-Team durch die 19-jährige Stubaierin Lisa Schulte. Über das junge Tiroler-Trio sagt Prock: "Wir drei verstehen uns super und arbeiten super zusammen. Wir haben alle schon einmal aufgezeigt – ich bei der WM, Madlen bei Olympia und Lisa im Weltcup. Da ist auf jeden Fall Potenzial da."
Olympia 2022 als großes Ziel
Nachdem Prock als Juniorin die letzte Weltcupsaison auf Gesamtrang 29 beendete, hat der Jungstar bereits die nächsten Ziele vor Augen: "Mein oberstes Ziel für die kommende Saison ist allen voran die Eingewöhnung ins Nationalteam". Trotzdem will die 19-Jährige auch im Klassement auf Angriff gehen: "Ich will in dieser Saison bereits in die Top-10- bis Top-12-Platzierungen fahren und damit immer mehr zur Konkurrentin für die Topleute werden", zeigt sich das Talent zielstrebig.
Zum Weltcup-Auftakt in Innsbruck rodelte Prock auf Rang 26, Schulte durfte sich über den starken sechsten Platz freuen, Egle wurde 22. Nun geht es nach Übersee auf die Olympia-Bahnen von Lake Placid (USA - 31.11/1.12.) und Whistler Mountain (CAN - 13./14.12.).
2018 gelang Hannah Prock der Sprung in den ÖRV-Kader für die Olympischen Spiele in Pyeongchang. Sie startete bei ihrem Olympia-Debüt im Einzelsitzer und landete als zweitbeste Österreicherin auf Rang 17. Als langfristiges Ziel gibt sie die nächsten Olympischen Spiele 2022 in Peking aus. Dort will sie im Vergleich zu Pyeongchang aber "nicht nur dabei sein, sondern vorne mitmischen".
Ob die junge Tirolerin an den Erfolgen ihres Vaters anknüpfen kann, wird sich weisen. Ein Triumph blieb Markus Prock jedenfalls verwehrt: Eine Goldmedaille bei Olympia. Gut möglich, dass seine Tochter das Edelmetall eines Tages in den familieneigenen Trophäenschrank hängt.